Affäre Weinstein
Schlagabtausch von Anklage und Verteidigung im Weinstein-Prozess

Im Vergewaltigungsprozess gegen den früheren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein haben sich Anklage und Verteidigung in ihren Eröffnungsplädoyers einen harten Schlagabtausch geliefert.
Publiziert: 22.01.2020 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2020 um 21:13 Uhr
Der ehemalige Hollywood-Mogul Harvey Weinstein (2.v.l.) trifft mit seinen Anwälten am Gericht in New York ein. Der Vergewaltigungsprozess gegen den 67-Jährigen startete in seinen inhaltlichen Teil mit den Eröffnungsplädoyers von Anklage und Verteidigung.
Foto: JUSTIN LANE

Nachdem die Staatsanwaltschaft den 67-Jährigen zum inhaltlichen Auftakt der weltweit aufsehenerregenden Verhandlung als «Sexualstraftäter und Vergewaltiger» bezeichnet hatte, griff Weinsteins Team die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen an. Ihre Aussagen seien widersprüchlich und Textnachrichten zeigten auch noch nach den mutmasslichen Taten ein freundliches Verhältnis zum Angeklagten.

In dem Prozess geht es vor allem um Vorwürfe zweier Frauen: Weinstein soll Produktionsassistentin Mimi Haleyi im Jahr 2006 zum Oral-Sex gezwungen haben, eine andere Frau soll er 2013 vergewaltigt haben. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Insgesamt haben mehr als 80 Frauen Weinstein seit 2017 sexuelle Übergriffe vorgeworfen und damit die weltweite MeToo-Bewegung ausgelöst.

Viele der mutmasslichen Taten fanden jedoch nicht in New York statt oder sind zu lange her, um verhandelt zu werden. Der Prozess soll etwa zwei Monate dauern. Weinstein hatte immer wieder gesagt, die sexuellen Kontakte seien einvernehmlich erfolgt.

Staatsanwältin Hast legte die Vorwürfe mehrerer Frauen am Mittwoch in drastischer Detailtiefe dar. Sie beschrieb, wie Weinstein die Schauspielerin Annabella Sciorra vergewaltigt haben soll und Weinstein sich mit seinen etwa 135 Kilo Körpergewicht auf die zierliche Haleyi «gestürzt» habe, obwohl diese «Ich bin nicht interessiert» und «Nein» gesagt habe. «Er widersetzte sich mit Leichtigkeit ihrer Versuche, da wegzukommen".

Die Anklägerin beschrieb auch den Fall von Schauspielerin Jessica Mann und wie Weinstein gegen ihren Willen Oralverkehr an ihr ausgeübt und sie vergewaltigt haben soll. Zuvor habe er versucht, sie mit dem Versprechen von grossen Rollen in seinen Filmen gefügig zu machen.

Nach seinen Übergriffen habe er «seine Macht in der Unterhaltungsindustrie dazu genutzt, ihr Schweigen sicherzustellen», so Hast. Während des Plädoyers wurden grosse Fotos von den mutmasslichen Opfern auf einem Bildschirm gezeigt.

Weinstein-Anwalt Damon Cheronis hielt in seinem Auftakt-Statement dagegen: «Alles, was Frau Hast ihnen gerade erzählt hat, sind keine Beweise. Sie war nicht da», sagte er. Es gebe dagegen Beweise von den Zeugen der Anklage selbst, die zeigten, dass ihre Vorwürfe nicht wahr seien. «Er (Weinstein) war nicht dieser meisterhafte Manipulator.»

Cheronis zeigte eine Reihe von Botschaften von Zeugen der Anklage, die diese nach den mutmasslichen Taten an Weinstein geschickt haben sollen. So schickte Haleyi nach Darstellung der Anwälte eine E-Mail an Weinstein, in der sie Bedauern darüber äusserte, dass sie sich so lange nicht gesehen hätten. Die Nachricht ist demnach mit «Peace & Love» ("Frieden und Liebe") unterschrieben.

Über Schauspielerin Mann sagte Cheronis, sie habe Weinstein nach der mutmasslichen Vergewaltigung in einer Nachricht «Ich liebe dich, das tue ich immer» geschrieben. Weinstein sei nicht der Aggressor gewesen - «ziemlich genau das Gegenteil», so Cheronis.

Weinstein - der ehemals mächtige Produzent von Filmen wie «Pulp Fiction», «Kill Bill», «Gangs of New York» und «Shakespeare in Love» - verhielt sich während des Plädoyers ruhig, schaute manchmal Richtung Boden oder raunte einer Mitarbeiterin seines Teams etwas zu.

Der ehemalige Filmproduzent war zuvor - anders als in den vergangenen Wochen - ohne seine Gehhilfe in den Gerichtssaal in Manhattan gekommen. Er ging gestützt auf einen Mitarbeiter seines Teams zu seinem Platz vor der Richterbank.

Mit den Auftaktplädoyers am Mittwoch startete der Prozess nach mehr als zwei Wochen inhaltlich. In den kommenden Wochen wird ein harter Kampf zwischen Anklage und Verteidigung um die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen erwartet - am Ende entscheiden die zwölf Geschworenen über Schuld oder Unschuld.

(SDA)

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