Affäre Lauber
GPK: «Gestörtes Verhältnis» von Bundesanwaltschaft und Aufsicht

Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments nennen das Verhältnis zwischen Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde «gestört». Beim Bundesanwalt stellen sie unter anderem ein «falsches Aufsichtsverständnis» fest, und auch bei der Aufsicht sehen sie Mängel.
Publiziert: 25.06.2020 um 17:21 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2020 um 17:23 Uhr
Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte halten Bundesanwalt Michael Lauber (im Bild) ein "falsches Aufsichtsverständnis" vor. (Archivbild)
Foto: PETER KLAUNZER

Die GPK wollten mit einer Untersuchung das «divergierende Aufsichtsverständnis» der Bundesanwaltschaft (BA) und der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) klären. Die parlamentarische Oberaufsicht wollte auch prüfen, wie auf beiden Seiten das Vertrauen wiederhergestellt werden könnte.

Das Disziplinarverfahren gegen Lauber, das die AB-BA im März 2020 abschloss, wollten die GPK so weit als möglich ausklammern. Im Herbst 2019 habe sich aber gezeigt, dass das Verfahren namentlich auf Seiten der BA-Vertreter «Aussagen stark überschattete» und deren Objektivität «zumindest teilweise fraglich» erscheine, schrieben sie.

Am Donnerstag veröffentlichten die GPK ihre Schlussfolgerungen. Lauber bekunde «tendenziell Mühe, Aufsichtshandlungen der AB-BA zu akzeptieren», stellten sie fest. Aufgrund der mangelnden Kooperation durch die Bundesanwaltschaft könne die AB-BA ihre Aufgabe gegenwärtig nicht im gewünschten Umfang wahrnehmen.

Einem «falschen Aufsichtsverständnis» entspricht es in den Augen der GPK, wenn der Bundesanwalt der Aufsicht Schranken setzen wolle, wann und wie weit sie vom Recht auf Akteneinsicht Gebrauch machen dürfe. Ob ein Blick in die Akten nötig sei oder nicht, habe die Aufsichtsbehörde zu entscheiden.

Lauber «verkennt» in den Worten der GPK, «dass die Aufsichtsbehörde ebenso unabhängig ist wie die Bundesanwaltschaft selbst». Nehme das Aufsichtsorgan Einfluss, indem es untersuche, kritisiere, Verbesserungen empfehle und wenn nötig Weisungen erteile, verletze es die Unabhängigkeit der Strafverfolgung nicht.

Nicht nachweisen lassen sich laut den GPK auch «Darstellungen der Bundesanwaltschaft», wonach Hanspeter Uster, der Präsident der AB-BA, gegenüber Lauber voreingenommen oder feindlich gesinnt sei.

Mängel sehen die GPK aber auch bei der Aufsichtsbehörde. Etwa habe sie «eine wesentliche Information» wie die Prüfung einer Eröffnung eine Disziplinarverfahrens gegen Lauber nur an ein Medium weitergegeben statt an alle Medien gleichzeitig.

Inspektionen der AB-BA seien bisher teilweise ungenügend ausgewertet und in schriftliche Berichte gefasst worden, stellten die GPK weiter fest. Etwa stehe der Bericht zur Inspektion «Generalsekretariat BA» anderthalb Jahre nach dem Abschlussgespräch immer noch aus.

Lauber kritisierte gegenüber den GPK das Fehlen dieses Berichts. Die AB-BA zitierten sie mit der Aussage, dass es aus Ressourcengründen nicht gelungen sei, den Bericht vorzulegen. Die Behörde akzeptiere diese Kritik des Bundesanwalts «voll».

Als «gescheitert» betrachten die GPK ihren Versuch, mit «vertrauensbildenden Massnahmen» das Verhältnis zwischen BA und AB-BA zu verbessern. «Das Verhältnis zwischen diesen beiden Behörden ist stark gestört», konstatieren sie.

Das Aufsichtssystem habe in den Aufbaujahren seit 2011 grundsätzlich funktioniert, sich aber als nicht krisenfest erwiesen, so die GPK. Sie sieht gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Überprüft werden müsse auf beiden Seiten Organisatorisches sowie Kompetenzen, Instrumente und Ressourcen der Aufsicht.

Die GPK wollen nun Rechtsgutachten zu den rechtlichen Grundlagen der AB-BA sowie zu den organisationsrechtlichen Grundlagen der BA in Auftrag geben und mehrere Modelle prüfen lassen. Danach soll ein Schlussbericht erstellt werden.

AB-BA und BA können bis 15. September 2020 zu den Schlussfolgerungen der GPK Stellung nehmen. Am Donnerstag hiess es bei der BA auf Anfrage, sie nehme Kenntnis vom Bericht und mache keine weiteren Angaben. Lauber habe zum Entwurf des Berichts Stellung genommen und den GPK in einer Anhörung seine Position dargelegt.

Die AB-BA fühlte sich im Bericht «bestätigt» in der Art und Weise, wie sie ihre Aufsicht ausübe, wie sie schrieb. Sie wolle die Hinweise der GPK «so rasch wie möglich in ihre Aufsichtstätigkeit einfliessen lassen».

Im Fokus des Disziplinarverfahrens der AB-BA standen informelle Treffen von Lauber mit Fifa-Präsident Gianni Infantino, im Zusammenhang mit dem Fifa-Verfahrenskomplex. Die AB-BA warf Lauber vor, verschiedene Amtspflichten verletzt zu haben. Sie will ihm den Lohn um 23'827 Franken kürzen, was 8 Prozent des Jahreslohns entspricht. Lauber erhob Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.

Diese Vorwürfe der AB-BA bestreitet Lauber vehement, und er griff seinerseits die Aufsicht an: Diese habe im Verfahren gegen ihn eine «gehörige Portion Böswilligkeit an den Tag gelegt», weil es ihm Lügen zu umstrittenen Treffen mit Infantino unterstelle.

(SDA)

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