33'771 Ermordete
Gedenken an Nazi-Massaker von Babi Jar

Am 29. und 30 September 1941 ermordeten die Nazis 33'771 jüdische Kinder, Frauen und Männer in der Schlucht Babi Jar in Kiew. 75 Jahre nach dem Massenmord fand eine Gedenkzeremonie für die Opfer statt.
Publiziert: 30.09.2016 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 23:01 Uhr
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, 2.v.l., und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, 4.v.l., gedenken den Opfern des Nazi-Massenmordes in Babi Jar.
Foto: Keystone

Die Ukraine hat am Donnerstag der von den Nazis ermordeten Juden in der Schlucht Babi Jar in Kiew gedacht. Vor 75 Jahren, am 29. und 30. September 1941, ermordeten SS-Kommandos zusammen mit ukrainischen Kollaborateuren in der Schlucht bei Kiew (heute auf dem Stadtgebiet) 33'771 Kinder, Frauen und Männer. Wenige Wochen zuvor hatte Hitler-Deutschland die Sowjetunion angegriffen.

«Der Holocaust ist die tragischste Seite der Geschichte des jüdischen Volkes», sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Mittag, bevor am Abend die offizielle Gedenkveranstaltung unter anderen mit dem deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck stattfand.

Am Donnerstag wurde eine Vereinbarung zum Bau eines Ortes der Erinnerung an das Massaker unterzeichnet. «Zusammen bauen wir eine Ukraine, in der Antisemitismus keinen Platz hat«, sagte Poroschenko im Beisein des Grossrabbiners von Kiew und der Ukraine, Jaakov Dov Bleich.

Inzwischen hat das Land mit Wladimir Groisman einen Regierungschef jüdischer Herkunft. Schon als Parlamentschef liess dieser in der Obersten Rada erstmals eine Gedenkminute für die Holocaustopfer einlegen.

Die Organisatoren des Erinnerungsortes, zu denen auch der ehemalige Boxweltmeister und heutige Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, gehört, streben die Eröffnung des Zentrums für 2021 an, dem 80. Jahrestag des Massakers.

Von sowjetischer Propaganda verschwiegen

Klitschko sagte: «Das Massaker war eine Tragödie globalen Ausmasses.» Viele Ukrainer wüssten jedoch nichts von den Ereignissen dort vor 75 Jahren, weil die «sowjetische Propaganda» diese «viele Jahre totgeschwiegen» habe.

Ein 1976 errichtetes Mahnmal in Babi Jar (ukrainisch: Babin Jar - deutsch: Weiberschlucht) erinnert an die Kriegsopfer, erwähnt aber die ermordeten Juden mit keinem Wort. Erst 1991, wenige Monate nach dem Ende der Sowjetunion, liess die jüdische Gemeinde in der Nähe ein Mahnmal in der Form einer Menora, des siebenarmigen Leuchters, aufstellen.

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte, Babi Jar stehe «für die tiefsten Abgründe der Unmenschlichkeit». Es sei wie Auschwitz ein «Inbegriff des Schreckens«.

75 Jahre nach dem Massenmord und 25 Jahre nach der ukrainischen Unabhängigkeit fand die Gedenkzeremonie im Beisein des ukrainischen Präsidenten Poroschenko, des deutschen Bundespräsidenten Gauck, des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk und einer Delegation des Jüdischen Weltkongresses aus New York statt.

Babi Jar, sagte Gauck, komme als Erinnerungsort für den Massenmord an den Juden ein fester Platz zu. So wie Auschwitz ein Symbol für das Töten in Nazi-Vernichtungslagern sei, stehe die Schlucht in Kiew für das, «was dem industriellen Morden vorausging: das abertausendfache Töten durch Erschiessen». Auch Poroschenko stellte Babi Jar in eine Reihe mit der deutschen Judenvernichtung in Auschwitz.

Gauck fordert gemeinsame Erinnerungskultur

Gauck forderte eine gemeinsame Erinnerungskultur von Deutschen, Juden, Ukrainer, Russen und Polen - der Täter und der Opfer. «Wir, die wir verstehen wollen, wie es dazu kommen konnte, dass unsere Väter und Grossväter zu Mördern oder zu Opfern wurden, sind heute aufeinander angewiesen«, sagt Gauck an diesem tiefschwarzen Ort deutscher Geschichte. Und er ergänzte: «Antworten auf unsere Fragen werden wir nur gemeinsam finden.»

«Sich der eigenen Geschichte zu stellen, den genauen Blick auf die Fakten zu wagen, eigener Schuld, eigenem Versagen nicht auszuweichen, ist ein generationsübergreifender Prozess», sagte Gauck. Diese Auseinandersetzung habe Deutschland geprägt, dieser Prozess sei auch heute nicht abgeschlossen. (SDA)

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