BLICK: Herr Accola, 2016 ist erst wenige Tage jung. Denkt man an die Resultate der Schweizer Männer im Skisport, kann es nur besser werden. Was sagen Sie dazu?
Paul Accola: Ich freue mich an den einzelnen Spitzenresultaten, doch leider sind die erfolgreichen Schweizer Athleten dünn gesät. Man muss bedenken, dass der Erfolg mit dem Nachwuchskonzept steht und fällt. Das war früher so und ist heute nicht anders. Wir haben heute schlichtweg weniger Nachwuchs-Athleten, weil einfach weniger Leute Wintersport betreiben.
Was läuft denn Ihrer Meinung nach schief bei der Nachwuchsförderung?
Es braucht die Balance zwischen individuellem Training und dem Mannschaftstraining. Früher trafen wir Skifahrer uns noch zum Fussball-, Unihockey- oder Volleyballspielen. Dieses Mit- und Gegeneinander stärkte unseren Siegeswillen. Heute wird oft über das hohe Verletzungsrisiko geklagt, weshalb die Trainer komplett darauf verzichten. Das finde ich nicht gut.
Wie haben Sie Ihre Zeit als Profi-Skifahrer in Erinnerung?
Es war für mich eine sensationelle Erfahrung. Ich denke immer wieder gern zurück, speziell, wenn ich bei Weltcuprennen zuschaue. Ich würde gerne wieder mal eine Abfahrt fahren (lacht).
Wir treffen Sie bei Pistenarbeiten auf dem Flüelapass im Schnee. Seit Sie nicht mehr auf den Ski stehen, haben Sie Ihre eigene Firma.
Mein Unternehmen beansprucht mich vollumfänglich. Zusammen mit fünf Angestellten sowie zusätzlichen Aushilfen mache ich im Sommer Bagger- sowie Lohnarbeiten für Land- und Forstwirtschaftbetriebe und im Winter bin ich für Schneeräumungsarbeiten oder den Unterhalt von Spazierwegen sowie Pistenpräparationen zuständig.
Sie sind bekannt dafür, dass Sie nicht nur einen Bagger in der Garage stehen haben.
Meine Maschinen sind lieber draussen im Einsatz als in der Garage. Mein Fuhrpark besteht aus drei Menzi Muck, zwei Acht-Tonnen-Baggern, vier Fünf-Tönnern, vier Anderthalb-Tönnern und zwei kleinen sowie einem grossen Traktor. Doch wir brauchen die Geräte, speziell für die Arbeit in unwegsamem Gelände.
Bei Ihrer Arbeit kam es vor dreieinhalb Jahren zu einem schlimmen Unfall mit einem achtjährigen Jungen. Der Bub starb kurz darauf im Spital an seinen Verletzungen. Wie gehen Sie heute damit um?
Ich möchte mich nicht zum Unglück äussern – nur so viel: Es war der schlimmste Tag meines Lebens, und das Leben wird nie mehr so sein wie vor dem tragischen Unfall. Doch ich kämpfe täglich, versuche alles zu verarbeiten, auch meiner Familie zuliebe.
Sie sind letzten Herbst bei den Nationalratswahlen angetreten – und gescheitert. Trotzdem würden Sie national gern einiges bewirken.
Ich bin nicht gescheitert – Ich bin als Wahlhelfer angetreten und wir haben als Team unser Ziel erreicht, nämlich zwei Nationalratssitze zu gewinnen. Als KMUler setzte ich mich für die Deregulierung, weniger Abgaben und weniger Bürokratie ein. Zusätzlich bin ich für die Stimm- und Wahlpflicht, denn die direkte Demokratie ist ein Privileg, das auch gelebt werden muss. Meiner Meinung nach sollte jeder, der nicht abstimmen geht, mit 100 Franken gebüsst werden. Es ist doch völlig wurst, wo man politisch steht, doch seine Meinung sollte man vertreten.
Und wofür steht Paul Accola?
Ich bin ein Chrampfer, bin ehrlich, bodenständig, hilfsbereit und unterstütze auch gerne weniger Privilegierte. Aber ich bin intolerant gegenüber jenen, welche unsere Sozialsysteme auf Kosten der wahren Bedürftigen ausnutzen.
Sie haben eine Tochter und zwei Buben. Carina ist 13, Kristian zehn und Jann sieben Jahre alt. Wollen die Kinder in Ihre sportlichen Fussstapfen treten?
Das müssen Sie die Kinder selbst fragen. Kristian ist diesen Winter erstmals in der Ski-Renngruppe dabei und es gefällt ihm sehr gut. Er hat Spass, und da stehe ich ihm ganz sicher nicht im Weg.
Sind Sie ein strenger Papi, pushen Sie den Nachwuchs beimTraining?
Wenn die Eltern mehr Ehrgeiz haben als der Nachwuchs, nützt das niemandem. Im Gegenteil: Das überfordert das Kind nur unnötig. Die Kinder sollen in erster Linie Spass an der Bewegung und am Sport haben! Streng bin ich aber dann, wenn es darum geht, das Zimmer aufzuräumen, zu gehorchen oder nach dem Essen den Tisch abzuräumen.
Was tolerieren Sie überhaupt nicht?
Wenn meine Kinder ständig das Smartphone in den Händen haben. Diese Computer gehen mir ordentlich auf den Geist. Viel lieber gehe ich mit meinen Kids hinaus in die Natur. Wir haben ja alles, was wir brauchen direkt vor der Haustüre.