Raser-Jäger Jürg Boll spricht mit BLICK über seine krassesten Fälle
«200 km/h sind heute keine Seltenheit»

Immer mehr Raser gehen der Polizei ins digitale Netz – weil sie ihre Fahrten gleich selber filmen. Staatsanwalt Jürg Boll zeigt BLICK die schlimmsten Raser-Videos.
Publiziert: 07.06.2017 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:32 Uhr
So liefern sich Raser selber ans Messer
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Verhängnisvolle Protzer-Videos:So liefern sich Raser selber ans Messer
Michael Sahli

«Soll ich Gas geben?», fragt ein junger Mercedes-Fahrer. «Ja Bro», sagt der Beifahrer und hält mit seiner Handykamera auf die Tachoanzeige. «Willst du sterben?», fragt der Teenager am Steuer. Und drückt das Gaspedal voll durch.

Der Mercedes schiesst mit 220 km/h über die Autobahn in Zürich-Wollishofen. Zwei Mädchen rufen vom Rücksitz ängstlich «O, mein Gott!» Von hinten nähert sich ein BMW: «Der will mit uns ein Rennen machen!», quietschen die Jungs auf den Vordersitzen vergnügt. Der Fahrer drückt das Gaspedal noch einmal voll durch.

Mittlerweile dürfte dem leichtsinnigen Junglenker das Lachen vergangen sein. Denn: Das Video der Fahrt liegt bei Jürg Boll (64), dem Raserjäger von Zürich. Seit bald 20 Jahren hat der Staatsanwalt Bleifüsse im Visier. «Heute sind Geschwindigkeiten über 200 km/h keine Seltenheit mehr», stellt Boll trocken fest. Mit BLICK spricht er über seine krassesten Fälle und verrät, wie die Polizei Raser heutzutage aufspürt.

Die neusten Zahlen zum Rasergesetz

Im vergangenen Jahr wurden 384 Personen wegen qualifizierter grober Verletzung der Verkehrsregeln in der Schweiz verurteilt. Einer davon sogar zwei Mal. Über 90 Prozent waren Männer. 13 Raser wanderten direkt in den Knast, weitere 21 kassierten eine teilbedingte Haftstrafe.

Gestern veröffentlichte das Bundesamt für Statistik die neusten Zahlen zum Thema «Strafurteile: Jugendliche und Erwachsene – Stabilität bei den Verurteilungszahlen». Darunter auch die aktuellen Zahlen zum Rasergesetz. Dieses trat im Januar 2013 in Kraft und zieht immense Strafen nach sich.

Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr

Raser ist, wer innerorts schneller als mit 100 km/h unterwegs ist oder auf der Autobahn mit mehr als 200 km/h geblitzt wird. Dieser Autofahrer kassiert eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Beim zweiten Raserdelikt ist der Fahrausweis dann für immer weg. Temposünder, die mit 60 Kilometern pro Stunde in einer 30er-Zone erwischt werden, erhalten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen, mit 160 km/h auf der Autobahn setzt es 30 Tagessätze.

98 Prozent der Raser sind älter als 18 Jahre

Von den insgesamt 384 verurteilten Rasern 2016 waren rund 98 Prozent älter als 18 Jahre, als sie die Tat begangen hatten. Die meisten Verurteilungen kassierten die 20- bis 24-Jährigen mit 106 an der Zahl, danach folgen die 25- bis 29-Jährigen mit 74.

Die wenigsten Raser gibt es bei den ältesten Fahrern. Nur ein Rentner über 70 war viel zu schnell. Zwischen Ausländern und Schweizern hält sich das Verhältnis fast die Waage. So waren es 180 Schweizer, die im letzten Jahr wegen Rasens verurteilt wurden. Und insgesamt 196 Ausländer, fast die Hälfte davon wohnt nicht in der Schweiz.

Im vergangenen Jahr wurden 384 Personen wegen qualifizierter grober Verletzung der Verkehrsregeln in der Schweiz verurteilt. Einer davon sogar zwei Mal. Über 90 Prozent waren Männer. 13 Raser wanderten direkt in den Knast, weitere 21 kassierten eine teilbedingte Haftstrafe.

Gestern veröffentlichte das Bundesamt für Statistik die neusten Zahlen zum Thema «Strafurteile: Jugendliche und Erwachsene – Stabilität bei den Verurteilungszahlen». Darunter auch die aktuellen Zahlen zum Rasergesetz. Dieses trat im Januar 2013 in Kraft und zieht immense Strafen nach sich.

Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr

Raser ist, wer innerorts schneller als mit 100 km/h unterwegs ist oder auf der Autobahn mit mehr als 200 km/h geblitzt wird. Dieser Autofahrer kassiert eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Beim zweiten Raserdelikt ist der Fahrausweis dann für immer weg. Temposünder, die mit 60 Kilometern pro Stunde in einer 30er-Zone erwischt werden, erhalten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen, mit 160 km/h auf der Autobahn setzt es 30 Tagessätze.

98 Prozent der Raser sind älter als 18 Jahre

Von den insgesamt 384 verurteilten Rasern 2016 waren rund 98 Prozent älter als 18 Jahre, als sie die Tat begangen hatten. Die meisten Verurteilungen kassierten die 20- bis 24-Jährigen mit 106 an der Zahl, danach folgen die 25- bis 29-Jährigen mit 74.

Die wenigsten Raser gibt es bei den ältesten Fahrern. Nur ein Rentner über 70 war viel zu schnell. Zwischen Ausländern und Schweizern hält sich das Verhältnis fast die Waage. So waren es 180 Schweizer, die im letzten Jahr wegen Rasens verurteilt wurden. Und insgesamt 196 Ausländer, fast die Hälfte davon wohnt nicht in der Schweiz.

Über 100 Verhaftungen

Vor etwas über einem Jahr wurde von der Kapo Zürich eine besondere Ermittlungsgruppe gegen Raser gegründet. Seither gab es schon über 100 Verhaftungen. Doch wer bei den Raserjägern an uniformierte Rennfahrer denkt, der täuscht sich.

Die Jagd nach Rasern geschieht nämlich immer seltener auf der Autobahn – aber immer öfter auf der Datenautobahn. «Früher fasste man Raser hauptsächlich mit Nachfahrten durch die Polizei oder mit stationären Geschwindigkeitsmessungen», so Boll. «Heute kommen wir etwa der Hälfte der Raser wegen selbst gedrehter Handyvideos auf die Schliche.»

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Der Erfolg lässt sich sehen. Im November wurden beispielsweise gleich 22 mutmassliche Raser verhaftet. Ein Insider sagte damals zu BLICK: «Die Polizei hat ein einzelnes Handy in die Finger bekommen – und stiess dort auf viele Videos.» Es gleicht einer digitalen Schnitzeljagd: Auf den beschlagnahmten Handys finden sich Videos von noch unbekannten Rasern, was zu Verhaftungen und zur Beschlagnahme von weiteren Datenträgern führt.

Ein anderes digitales Beutestück des Raserjägers spielt auf der A3 bei Horgen ZH. «Tumme Siech, weisch so Lüüt ...», flucht der Fahrer. Und drückt das Gaspedal so lange durch, bis der Tacho seines Mercedes 240 km/h anzeigt.

Mit ihren Filmen liefern sich die Raser gleich selber ans Messer, können es aber offenbar trotzdem nicht lassen: «Ich nehme an, dass es hier um Imponiergehabe geht. Man zielt darauf, eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen.» Für den Staatsanwalt ist die Zürcher Polizei auf dem richtigen Weg: «In den letzten Jahren hatten wir im Kanton keinen einzigen tödlichen Raserunfall.»

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Ihn müssen notorische Bleifüsse fürchten: Raserjäger Jürg Boll.
Foto: Toini Lindroos
«Ihnen ist egal, dass sie etwas Illegales tun»

Stefan Krähenbühl (32), stellvertretender Geschäftsführer von Roadcross Schweiz, spricht über das Phänomen Raser.

BLICK: Herr Krähenbühl, welche Art von Menschen sind das, die solche Raser-Videos ins Netz stellen?
Stefan Krähenbühl:
Es gibt verschiedene Raser-Typen. Eine Gruppe sind diejenigen, die ihre Luxusautos präsentieren möchten. Andere stacheln sich gegenseitig an, schneller zu fahren. Diesen Gruppen ist aber eines gemeinsam: Ihnen ist egal, dass sie etwas Illegales tun. Im Gegenteil. Sie profilieren sich mit solchen Raservideos im Netz.

Was sagen Sie zu den neusten Zahlen der Raserstatistik?
Es ist erschreckend, wie viele Raserfälle es in der Schweiz immer noch gibt. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass sich dies ändern wird. Denn Wiederholungstäter sind den Ausweis für immer los. Dadurch dürfte sich die Zahl minimieren.

Sind Sie mit der Einführung des Rasergesetzes zufrieden?
Das bin ich. Wenn man bedenkt, dass es bis 2013 Fälle gab, bei denen Raser teils nach schweren Unfällen mit Toten schon nach wenigen Monaten wieder auf der Strasse unterwegs waren. Bei einer Verurteilung wegen Rasens ist der Führerschein heute für mindestens zwei Jahre weg.

Was empfehlen Sie solchen Rasern?
Verkehr ist unvorhersehbar und erfordert oft schnelles Reagieren. Bei solch hohen Geschwindigkeiten ist das niemandem möglich. Wer sein Fahrzeug austesten will, soll dies auf einer dafür vorgesehenen Rennstrecke tun, wo er nur sich selber gefährden kann.

Mehr zum Thema Raser heute in der «Rundschau» auf  SRF 1 um 20.55 Uhr

Stefan Krähenbühl (32) spricht über Raser.
Stefan Krähenbühl (32) spricht über Raser.

Stefan Krähenbühl (32), stellvertretender Geschäftsführer von Roadcross Schweiz, spricht über das Phänomen Raser.

BLICK: Herr Krähenbühl, welche Art von Menschen sind das, die solche Raser-Videos ins Netz stellen?
Stefan Krähenbühl:
Es gibt verschiedene Raser-Typen. Eine Gruppe sind diejenigen, die ihre Luxusautos präsentieren möchten. Andere stacheln sich gegenseitig an, schneller zu fahren. Diesen Gruppen ist aber eines gemeinsam: Ihnen ist egal, dass sie etwas Illegales tun. Im Gegenteil. Sie profilieren sich mit solchen Raservideos im Netz.

Was sagen Sie zu den neusten Zahlen der Raserstatistik?
Es ist erschreckend, wie viele Raserfälle es in der Schweiz immer noch gibt. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass sich dies ändern wird. Denn Wiederholungstäter sind den Ausweis für immer los. Dadurch dürfte sich die Zahl minimieren.

Sind Sie mit der Einführung des Rasergesetzes zufrieden?
Das bin ich. Wenn man bedenkt, dass es bis 2013 Fälle gab, bei denen Raser teils nach schweren Unfällen mit Toten schon nach wenigen Monaten wieder auf der Strasse unterwegs waren. Bei einer Verurteilung wegen Rasens ist der Führerschein heute für mindestens zwei Jahre weg.

Was empfehlen Sie solchen Rasern?
Verkehr ist unvorhersehbar und erfordert oft schnelles Reagieren. Bei solch hohen Geschwindigkeiten ist das niemandem möglich. Wer sein Fahrzeug austesten will, soll dies auf einer dafür vorgesehenen Rennstrecke tun, wo er nur sich selber gefährden kann.

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