Bei WikiLeaks bricht ein neues Zeitalter an. Wie Gründer Julian Assange in einem aktuellen Interview bestätigt, wolle man die Enthüllung geheimer Informationen ab sofort aktiv fördern. Vorbei also die Zeiten, in denen die Plattform aus rechtlichen Gründen nicht um Informationen warb.
Gegen die Pläne des US-Justizministeriums, das bereits das Ersuchen geheimer Informationen als Verschwörung werten möchte, will sich Assange zur Wehr setzen – mit einem höchst unmoralischen Angebot: Dem Informanten, der die bisher unbekannten Teile des Freihandelsabkommens TPP (Trans-Pacific Partnership) beschafft, verspricht er eine Belohnung von 100'000 US-Dollar.
Das Geld soll via Crowdfunding zusammenkommen. In nur zwei Tagen haben Unterstützer bereits über 40'000 US-Dollar zugesagt.
Gefährliches Spiel
Die Jagd auf die TPP-Geheimdokumende ist damit eröffnet, WikiLeaks macht Whistleblowing zum lukrativen Geschäft. Anstelle der Aufklärung im Sinne der Öffentlichkeit – wie bei Edward Snowden und Chelsea Manning – rücken finanzielle Motive in den Vordergrund.
Über Details schweigt sich die Plattform bisher aus. Auch ist unklar, wie eine Überweisung der Belohnung vonstatten gehen könnte.
Ohnehin handelt es sich bei den bis dato gesammelten 40'000 US-Dollar nicht um tatsächliches Geld, sondern um Zusicherungen. Erst wenn die finale Summe erreicht ist, müssen die Unterstützer das Geld auch überweisen.
Klar ist nur: Sollte WikiLeaks die geheiemen TPP-Dokumente tatsächlich erhalten und die besagte Summe auszahlen, könnte Whistleblowing künftig ganz neue Dimensionen annehmen – mit ungeahnten Folgen.
Wie weit geht Assange?
Bisher sind nur wenige Details des Freihandelsabkommens bekannt. Die Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt und es ist schwer abzuschätzen, zu welchem Ergebnis die Vertreter aus Politik und Wirtschaft kommen werden.
Kritiker des Abkommens befürchten, dass wegfallende Zölle und Handelsschranken die nationalen Gesetze aushebeln könnte und somit weitreichende Folgen für die Lebensmittelindustrie, für den Umweltschutz, den Arbeitsmarkt, die Kulturindustrie und das Urheberrecht hätte.
Einige wenige Kapitel des Entwurfs konnte WikiLeaks bereits veröffentlichen. Für die Enthüllung der restlichen Kapitel ist der Plattform und ihrem Chef offenbar jedes Mittel recht. (gr)