1. Mai
Solidarität soll nach Krise nicht wieder verloren gehen

SP-Bundesrat Alain Berset hat sich am Morgen des 1. Mai über Twitter an die Bevölkerung gewandt: «Ich wünsche mir, dass die Erkenntnis über den Wert der Arbeit und der Solidarität nicht wieder verloren geht, wenn diese Krise dereinst überstanden ist», schrieb er.
Publiziert: 01.05.2020 um 11:54 Uhr
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Aktualisiert: 01.05.2020 um 12:00 Uhr
Solidarität soll nach Krise nicht wieder verloren gehen
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1. Mai:Solidarität soll nach Krise nicht wieder verloren gehen

«Diese Krise zeigt, was unsere Schweiz am Laufen hält: starke Institutionen mit Menschen, die jeden Tag ihre Arbeit machen und viel Solidarität zeigen», teilte der Innenminister über den Kurznachrichtendienst mit. Jeder Tag sei ein Tag der Arbeit.

Wie der Gesundheitsminister begehen auch die Gewerkschaften den Tag der Arbeit im Internet. Wegen der Covid-19-Pandemie fallen erstmals seit 130 Jahren und in der Geschichte der organisierten Schweizer Arbeiterschaft die 1. Mai-Kundgebungen aus. Der Tag steht unter dem Motto «Solidarität. Jetzt erst recht».

Neben dem Solidaritätsaufruf stellten die Gewerkschaften auch sozialpolitische Forderungen. Die Corona-Krise zeige, wer das Rückgrat der Wirtschaft sei, lautet der Grundtenor. Arbeit werde aber weiterhin gering geschätzt und schlecht entlohnt.

Die Gewerkschaft Unia fordert einen Überbrückungsfonds für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Diese fielen durch die Netze von Erwerbsersatzordnung und Arbeitslosenversicherung. Zudem müssten Löhne unter 5000 Franken im Monat 100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung erhalten und nicht nur 80.

Die Schweiz könne die Krise meistern, zeigt sich die Gewerkschaft überzeugt. Bei der Schweizerischen Nationalbank lägen 800 Milliarden Franken, «die uns gehören». Der Bund erziele regelmässig Überschüsse. Jetzt gelte es Steuerschlupflöcher für Schwerreiche zu stopfen, Dividendengewinne der «Krisengewinnler» abzuschöpfen und die unnötigen Militärausgaben zurückzufahren.

Die Gewerkschaft Syndicom forderte ein Umdenken in der Wertschätzung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie nämlich seien das Rückgrat der Wirtschaft. Gerade in der Corona-Krise würden sie das grösste Risiko auf sich nehmen.

Arbeitnehmende würden das Land am Leben erhalten, teilte Syndicom am Freitag mit. Sie trügen das Risiko, um die Grundversorgung zu gewährleisten. Die gebührende Wertschätzung bleibe aber aus, denn diese drücke sich auch in Löhnen und Arbeitsbedingungen aus.

Der Gewerkschaftsverband Travail.Suisse monierte Nachholbedarf bei der sozialen Gerechtigkeit. In der aktuellen Krise spürten die Menschen die Wichtigkeit geregelter Arbeitsbedingungen und funktionierender Sozialversicherungen. Ohne diese auf Druck der Gewerkschaften zustande gekommenen Errungenschaften wäre die Krise existenziell weit bedrohlicher.

Es gebe aber grossen Nachholbedarf. Gerade Beschäftigte in den von der Corona-Krise stark geforderten Branchen und gerade Frauen seien weiterhin schlecht bezahlt und würden wenig geschätzt. Bessere Löhne und Arbeitsbedingungen seien das Gebot der Stunde und müssten eine Schlussfolgerung aus den Krisenerfahrungen sein.

Der 1. Mai wird dieses Jahr praktisch ausschliesslich online begangen. In einer Live-Übertagung aus dem Volkshaus in Zürich gibt es ab 13.00 Uhr Ansprachen und Podien. In der realen Welt wurde der Tag sichtbar durch überdimensionierte 1. Mai-Bändel, welche der Schweizerische Gewerkschaftsbund zum Aufhängen auf den Balkonen bereit stellte.

Hörbar wurde der Tag der Arbeit in Zürich. Statt auf der Strasse demonstrieren die Zürcherinnen und Zürcher für einmal auf dem Balkon: Mit Pfannendeckeln und Trillerpfeifen machten sie Lärm und forderten so höhere Löhne für das Pflege- und Verkaufspersonal. Die «Lärmdemo» auf den Balkonen und an den Fenstern fand pünktlich um 11 Uhr statt. Dazu aufgerufen hatte der Zürcher Gewerkschaftsbund.

Im Livestream meldet sich viel Gewerkschaftsprominenz zu Wort. SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard, Unia-Präsidentin Vania Alleva und weitere Redner halten Ansprachen. Seitens der Parteien stehen SP-Vizepräsidentin Ada Marra, SP-Co-Generalsekretärin Rebekka Wyler und Grünen-Präsidentin Regula Rytz auf dem Programm. Kabarettistisch begleiten Patti Basler und Philippe Kuhn den Livestream.

Wie jeden 1. Mai sind auch Gleichgesinnte aus dem Ausland zu den schweizerischen Anlässen geladen. Dieses Jahr sind es Gregor Gysi von den deutschen Linken und Kevin Kühnert, der Vize-Vorsitzende der deutschen SPD.

Auf französischer Seite ist Philippe Martinez zu Gast, der Generalsekretär der französischen Gewerkschaft CGT. Die CGT steht in vorderster Front im Widerstand gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron.

(SDA)

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