Zur Wahl von Donald Trump und der Krise Europas
Fürchtet euch nicht!

Angesichts der weltweiten Kaskade von Breaking News hilft keine Hysterie. Donald Trump sollten wir vor allem an seinem Friedensversprechen messen.
Publiziert: 10.11.2024 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2024 um 13:32 Uhr
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Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Wir Zweibeiner mögen keine Unsicherheit. Findet der Mensch für etwas keine Erklärung, befürchtet er das Schlimmste – von diesem Effekt profitieren Esoteriker ebenso wie Macher von Gruselfilmen.

Deshalb löst das Staccato weltpolitischer Breaking News der letzten Wochen Unbehagen aus – der erneute Einzug Donald Trumps ins Weisse Haus, die Krise der deutschen Autoindustrie, ein offenbar orientierungsloses Europa. Zusammen mit all den Kriegen und Konflikten rund um den Globus entsteht der diffuse Eindruck einer bedrohlichen, unberechenbaren Lage: die Gegenwart als Fiebertraum, unheimlich und verworren wie ein Hieronymus-Bosch-Gemälde.

Unsicherheit ist auch, was Trumps Anhänger und Gegner eint: Niemand kann diesen Mann wirklich einschätzen. Kommt mit ihm der grosse Handelskrieg – oder wird die Welt zum Business Hub? Sägt er an der US-Demokratie oder stärkt er sie? Liefert er die Ukraine Wladimir Putin aus oder ist er ihre Rettung?

Auf die aktuelle Kaskade von Nachrichten sollten wir nicht reagieren, indem wir die Hysterie von Politikern im Wahlkampf für bare Münze nehmen. Es bringt nichts, hinter jeder unangenehmen Entwicklung Vorboten des Weltuntergangs zu vermuten. Wir sollten ein wenig Gelassenheit an den Tag legen – und uns auch davor hüten, Donald Trump zu überschätzen. Er wird kein Heiland für die kleinen Leute sein, als den ihn seine Fans anbeten. Ebenso wenig steht der Westen durch seine Wiederwahl am Abgrund eines neuen Faschismus. Wenn wir etwas aus Trumps erster Amtszeit gelernt haben, dann dies: Er mag bei seinen Auftritten lügen wie gedruckt. Politisch setzt er um, wofür er steht: tiefe Steuern, minimalen Klimaschutz, konservative Gesellschaftsvorstellungen, harte Migrationspolitik.

Dass Trumps Präsidentschaft Europa herausfordert, ist unbestritten – aber vielleicht könnte sie sogar zu einer Erholungskur für den Kontinent werden. Und: Noch mehr Kriegstote als in der Ära von Joe Biden dürfte es eher nicht geben. Die Welt wird Donald Trump an seinen Friedensversprechen messen. Gehen wir also nicht gleich wieder vom Schlimmsten aus.

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