«Nick, schau, Papageien», rufe ich. Aber Nick fährt stoisch weiter auf dem Rennrad. Ich schreie jetzt schon fast – eine solche Sensation darf mein Kumpel nicht verpassen. Aber Nick meint nur trocken: «Davon gibt es Tausende hier.»
Diese Szene ereignete sich kürzlich in Barcelona. Nick hält sich dort öfters auf. Ihm muss es vorgekommen sein, als hätte ich euphorisiert ausgerufen: «Ein Spatz, ein Spatz!» Bei den Papageien handelt es sich um Mönchssittiche. Und in den Tagen darauf habe ich Nicks müdes Lächeln verstanden: Man sieht sie überall – und vor allem hört man sie.
Sie mögens urban
Neuste Zahlen von Birdlife Spanien gehen von rund 6000 Exemplaren in der katalanischen Metropole aus. In ganz Spanien sollen es 20'000 sein – bemerkenswert ist, dass die Vögel fast nur in Städten vorkommen. Der Bürgermeister von Malaga wollte die graugrünen Papageien von Scharfschützen dezimieren lassen, Tierschützer pfiffen ihn aber zurück.
Mönchssittiche stammen aus subtropischen Gebieten Südamerikas. Der Name Mönchssittich soll vom gemeinschaftlichen Zusammenleben herrühren, denn zölibatär leben sie bestimmt nicht. Neben den Halsbandsittichen gehören sie zu den weitverbreitetsten der rund 350 Papageienarten.
Es mag farbenfrohere als Myiopsitta monachus geben, aber keiner passt sich so gut an die menschliche Zivilisation an. In Barcelona tauchten die Sittiche 1975 auf, wahrscheinlich durch ausgebüchste oder freigelassene Käfigvögel. Inzwischen haben sie sich in den USA und Europa ausgebreitet, sogar in Belgien und Grossbritannien gibt es eine Population.
Das Gekrächze nervt
Wie bei allen Neozoten – so nennt man tierische Einwanderer – stellt sich die heikle Frage: Ist das nun wirklich ein Problem? Im Fall des Sittichs liegt es wohl weniger in der Bedrohung der heimischen Natur, sondern eher im Gekrächze, das die Städter auf die Palme bringt (übrigens naschen die Vögel gerne von der Kanarischen Dattelpalme, die in Stadtparks häufig ist).
Zudem stellen die Nester ein Sicherheitsrisiko dar. Die Gebilde aus Ästen sind eigentliche Mehrfamilienhäuser. Die Paare bewohnen einzelne Wohnungen, die wiederum in verschiedene Kammern aufgeteilt sind (etwa zum Schlafen oder Brüten). Diese papagei'sche Sagrada Familia kann bis zu 250 Kilo wiegen.
Simon Jäggi (38) ist Sänger der Rockband Kummerbuben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner.