Von Laxheit und Liberté
Die SRG und der Sexismus

In der Post-Weinstein-Ära zeigen Medien auf die verschiedensten Branchen – vor der eigenen Haustüre gibt es dabei viel Handlungsbedarf. Umso wichtiger, dass die SRG ihre Vorbildfunktion bitter ernst nimmt.
Publiziert: 18.04.2021 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 20.04.2021 um 19:05 Uhr
Camille Kündig

Die Spannung war gross, doch der Knall blieb aus: Am Freitag präsentierte die SRG einen Zwischenbericht zu Mobbing und sexueller Belästigung beim Westschweizer Fernsehen.

Die Zeitung «Le Temps» hatte Vorwürfe gegen Ex-RTS-Moderator Darius Rochebin und zwei Kadermänner erhoben. Einer der beiden erhielt nun die Kündigung, der andere eine formelle Sanktion, Rochebin wurde entlastet («Le Temps» bleibt bei seiner Darstellung).

Während der News-Chefredaktor und der Personalleiter gehen, darf der SRG-Generaldirektor und frühere RTS-Chef Gilles Marchand bleiben. Er habe seine «sekundäre Aufsichtsverantwortung» zwar «zu wenig wahrgenommen», dies stelle jedoch keinen «gravierenden Fehler» dar.

Die Glaubwürdigkeit von Marchand ist angekratzt. Er war 16 lange Jahre RTS-Direktor und damit Hüter einer gewissen Betriebskultur – was zweifeln lässt, ob gerade er den versprochenen Paradigmenwechsel umsetzen kann.
In der Medienlandschaft brodelt es. Beim Tessiner Fernsehen und bei Tamedia laufen Untersuchungen, diese Woche sorgte ein Leserbrief in der Freiburger «Liberté» für einen Shitstorm, dessen Autor sich an «schönen Pflanzen und Nymphchen mit nackten Rücken» erfreut.

Dass ein solches Schreiben gedruckt wird, zeigt einmal mehr: In der Post-Weinstein-Ära verweisen Medien gern auf die Fehler der anderen – vor der eigenen Haustüre gibt es dabei viel Handlungsbedarf.

Umso wichtiger, dass die SRG ihre Vorbildfunktion nun wirklich ernst nimmt. Im Juni wird ein weiterer Bericht erwartet.

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