Drei FDP-Politiker wollen am 20. September Bundesrat werden: Ignazio Cassis (56) aus dem Tessin, Isabelle Moret (46) aus der Waadt und Pierre Maudet (39) aus Genf.
Zwei gelten als aussichtsreich: Cassis, weil er Tessiner ist. Moret, weil sie eine Frau ist.
Kandidat drei jedoch macht von sich reden: Maudet, weil er praktisch rund um die Uhr im Einsatz ist. Und weil er sagt, wie er als Bundesrat die grossen Herausforderungen anpacken würde, vor denen die Schweiz heute steht: Europa, Sicherheit, Digitalisierung.
Die Blockade im Umgang mit der EU will Maudet durch einen Kompromiss auflösen: Fremde Richter kommen auch für ihn nicht in Frage, im Konfliktfall aber soll der Europäische Gerichtshof seine Einschätzung darlegen dürfen.
Als Genfer Sicherheitsdirektor geht Maudet mit bemerkenswerter Entschlossenheit gegen kriminelle Ausländer vor. Kein Kanton schafft so viele aus wie seiner. Maudet: «Es ist eine Frage des Willens.»
Kandidat drei hat auch erkannt, dass die Schweiz eine Führungsrolle in der digitalen Revolution übernehmen muss. In Genf führt er ein supersicheres digitales Handelsregister auf Blockchain-Basis ein. Von der Nationalbank verlangt er fünf Milliarden Franken pro Jahr für die technologische Entwicklung des Landes.
Maudet ist ein König der Inhalte. Er sagt klar, was er will – und wie er dafür sorgen wird, seine Ziele durchzusetzen. Deshalb urteilen mehr und mehr Politiker: Er wäre der Beste!
Maudet ist unideologisch, führungsstark und visionär. Er scheut sich nicht, seine Meinung zu vertreten – und auch mal jemanden zu verärgern. Er ist eine Mischung aus Ex-Bundesrat Pascal Couchepin (ebenfalls ein mutiger FDP-Liberaler) und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron (mit dem vor einem Jahr ebenfalls kaum jemand gerechnet hatte).
Und doch: Wenn alles seinen gewohnten Gang geht, schickt die FDP-Fraktion am Freitag allein Cassis und Moret ins Rennen. Sie werden zu Recht sagen: Es braucht endlich wieder einen Tessiner im Bundesrat. Und es braucht dort definitiv mehr Frauen.
Cassis und Moret wären zweifellos solide Bundesräte, die sich harmonisch ins kollegiale Gremium einfügen. Aber reicht das? Oder müsste nicht die Frage im Zentrum stehen, wer unser Land in den nächsten zehn Jahren am besten durch die Stürme des 21. Jahrhunderts navigiert? Sollte das Wahlgremium, die Bundesversammlung, nicht aus drei Kandidaten auswählen, wenn es schon drei Kandidaten gibt?
Leider stellen sich Parlamentarier, die einen Bundesrat nominieren, diese Frage kaum. Sie überlegen nicht, wer am besten für die Schweiz wäre und am besten für die Schweizer. Sie entscheiden danach, wer am besten für sie selber ist – zu wem sie mühelos Zugang finden, wen sie am leichtesten beeinflussen können. Da hat es der Regierungsrat aus Genf natürlich schwer gegen Fraktionskollegen.
Die FDP-Politiker sollten am Freitag über ihren Schatten springen und auch Maudet nominieren. Sie müssen dazu bloss den Slogan ihrer Partei beherzigen: «Aus Liebe zur Schweiz».