«Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süssspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.» So soll schon Sokrates einst gelästert haben. Behauptet jedenfalls Platon.
Die beiden Philosophen aus dem alten Griechenland sind seit 2500 Jahren tot, ihre Klagen leben munter weiter. Seit die Menschheit besteht, jammert jede Generation über die nachfolgende. Bloss der Inhalt variiert: Mal lassen die Jungen die Sitten verludern, dann frönen sie den Drogen, mal sind sie unpatriotisch, dann wieder sinnentleert, verroht, träge oder naiv.
Aktuell geht die Klage so: Die Kids hängen nur noch am Smartphone, sind süchtig nach Instagram und Netflix. Ihr moralischer Horizont ist das «Like». Sie tragen Markenkleider und jetten um die Welt. Sie haben keinen Biss, kein Ziel und keine Ambition, alles halten sie für selbstverständlich, das Wort «Leistung» haben sie noch nie gehört.
Seltsam nur, dass die Welt nicht schon hundert Mal an dieser üblen Jugend zugrunde gegangen ist. Sollten die Klagen etwa mehr über die klagenden Alten aussagen als über die beklagten Jungen?
Natürlich bleibt die Zeit nicht stehen. Natürlich haben andere Generationen einen anderen Blick auf die Dinge – eine Katastrophe, wenn es nicht so wäre! Natürlich verstehen Erwachsene nicht sämtliche Irrungen und Wirrungen der Jungen, wie auch ihre eigenen Eltern sie damals nicht verstanden haben.
Und was zeigt die Praxis? BLICK hat diese Woche das erste Mediacamp durchgeführt – mit zwölf Teilnehmenden von 16 bis 22 Jahren. Sie wollten den Journalismus kennenlernen, unsere krisengeschüttelte und dennoch faszinierende Branche. Hannes Britschgi, Leiter der Ringier-Journalistenschule, gab dem neugierigen Dutzend Einblick in die BLICK-Welt. Die jungen Leute erhielten praktische Tipps und durften mit Reportern auf die Piste.
Und wir gestandenen Journalisten erlebten, wie die BLICK-Mediacamper ticken. Unsere Erkenntnis: Sie sind das pure Gegenteil aller Läster-Klischees! Wir erlebten zwölf engagierte junge Leute, hungrig auf Wissen, diskussionsfreudig und diszipliniert. Sanft und einfühlsam im Umgang miteinander, dankbar für alles, was sie hier erleben durften. Selbstbewusst im Auftreten, empathisch in den Diskussionen, anständig im Ton, unglaublich interessiert am Journalismus und daran, wie er sich in der digitalen Welt wandelt.
Beim Essen lagen keine Handys auf den Tischen, und Sean (16) meinte dazu: «Das Smartphone dominiert heute alles, und das finde ich falsch. Ich setze wieder viel mehr auf direkte Kontakte und schalte das Gerät in den Ferien nur einmal pro Tag ein.»
Uff! Nach dem BLICK-Mediacamp ist Entwarnung angesagt: Wir müssen uns weder Sorgen um die handysüchtige Jugend machen – noch um den Journalismus.