Nach jeder Terrorattacke steht die Reaktion der Medien fast ebenso stark im Fokus wie der Anschlag selber. Schenken sie dem Attentäter zu viel Aufmerksamkeit, machen sich damit zu seinem Komplizen? Dürfen Zeitungen das Porträt zeigen, den Namen nennen, die Lebensgeschichte ausbreiten? Sollen TV-Stationen Sondersendungen bringen? Wo hört die Informationspflicht auf, wo beginnt die Sensationslust?
Berechtigte Fragen, gewiss. Aber auch weltfremd, stellenweise absurd: Das Informationsbedürfnis nach einem Terroranschlag ist riesig. Alle haben Fragen, alle verlangen rasche Antworten. Und die Medien liefern. Sie recherchieren News, zeigen Zusammenhänge, erhellen Hintergründe. Würden die etablierten Nachrichtenkanäle darauf verzichten, bliebe das Feld den sozialen Medien überlassen – wo sich Fakten mit Gerüchten vermischen, wo Amateurvideos vom Tatort ebenso abrufbar sind wie Bilder des Täters und Propaganda-Sprüche seiner jeweiligen Terrorgruppe. Eine Selbstzensur der Medien wäre damit wirkungslos – wenn sie sich nicht geradezu ins Gegenteil verkehrt: den ungefilterten, unsortierten Strom von Fakten, Fehleinschätzungen und billigsten Fakes.
Klar ist aber auch: Mediale Aufmerksamkeit ist ein Ziel, wenn nicht das Ziel der Täter. Sie verstärkt den psychologischen Effekt des Anschlags. Der Schrecken soll an die Stelle unserer Werte treten, unsere Freiheit erschüttern, Panik soll in unser Bewusstsein eindringen: Es kann jeden treffen, immer und überall.
BLICK hat nach dem Attentat von Manchester online rasch, ausführlich und umfassend berichtet. Unsere Leser und User wissen: Wenn etwas passiert, geht man auf Blick.ch. Kein anderes Thema wurde am Dienstag auch nur annähernd so oft angeklickt.
Im gedruckten BLICK fand der Anschlag ebenfalls statt. Aber nicht auf der Frontseite. Zur Titelgeschichte hatten wir ganz bewusst den bevorstehenden Festivalsommer gemacht: «So viele Stars wie noch nie!» Dazu druckten wir einen Kommentar; Chefredaktor Andreas Dietrich schrieb: «Angst, Einschüchterung, Relativierung unserer Werte sollen herbeiterrorisiert werden.» Und: «Wir setzen den Kontrast bewusst.»
Die NZZ kommentierte erstaunt: «Auf den ersten Blick wirkt das etwas bizarr, ist aber durchaus als Akt der publizistischen Emanzipation interpretierbar. Man lässt sich die Agenda nicht durch Terroristen diktieren.»
Tatsächlich wandeln wir auf einem schmalen Grat: Es ist die Aufgabe der Medien, umfassend zu informieren. Gerade BLICK wird immer genau hinschauen, die Dinge beim Namen nennen. Dazu gehört es, den Hintergrund der Täter zu beleuchten, denn ohne deren Motivation, ohne deren Werdegang lassen sich keine Zusammenhänge herstellen. Doch dies muss mit Augenmass geschehen – Attentate dürfen nicht als Happenings erscheinen, Täter nicht glorifiziert werden. Denn Aufmerksamkeit verdienen nicht sie, sondern ihre Opfer.
Bei aller Terrorgefahr, bei aller Gewissheit, dass es wirklich jeden treffen könnte: Wir dürfen uns nicht verrückt machen lassen. Der grossen Mehrheit der Schweizer gelingt das. Eine neue Sicherheitsstudie der ETH zeigt: Vier von fünf Schweizern fühlen sich in der Öffentlichkeit nach wie vor sicher.
Das ist die stärkste Antwort, die wir den Terroristen geben können.