Alle haben die Bilder von Notre-Dame gesehen. Fassungslos blickte die Welt am Montagabend auf Rauch und lodernde Glut über der Pariser Île de la Cité – als der Vierungsturm in den Flammen zusammensank, brachen nicht wenige in Tränen aus. Kaum ein Staatschef vergass, eine Beileidsbekundung zu übermitteln. Bundespräsident Ueli Maurer sprach im Namen der Landesregierung «seine tiefe Trauer» aus.
Auf die Welle der Rührung folgte ein Tsunami der Hilfsbereitschaft. Eine Milliarde Euro waren bereits am Donnerstag versprochen – mehr als genug, um das weltberühmte Bauwerk wieder instand zu setzen. Unternehmen, Superreiche, wohlhabende wie weniger wohlhabende Einzelpersonen spenden und spenden und spenden.
Denn: Notre-Dame ist viel mehr als einfach nur eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Sie steht für ...
- den Glauben, weil hier einige der wichtigsten Reliquien der Christenheit ruhen;
- die Architektur, weil der Bau revolutionär war beim Übergang von der Romanik zur Gotik, mit seinen Strebebögen und der Lichtwirkung seiner Glasfenster;
- grosse Figuren der Geschichte, weil hier Napoleon gekrönt und Charles de Gaulle die letzte Ehre erwiesen wurde;
- Literatur und Film, weil Victor Hugos Roman «Der Glöckner von Notre-Dame» und dessen Verfilmungen ein Millionenpublikum erreichten;
- das Unesco-Weltkulturerbe, weil sie für die «perfekte Balance zwischen Kirche und Staat» stehe.
Bestürzung, Trauer und Hilfsbereitschaft erreichten deshalb ebenfalls historische Dimensionen – als handle es sich bei diesem Brand um die grösste aktuelle Katastrophe der Menschheit.
Nach Einschätzung der Uno jedoch gebührt dieser traurige Superlativ dem Krieg im Jemen: Bis zu 22 der 28 Millionen Einwohner des gescheiterten Staates auf der Arabischen Halbinsel wären ohne humanitäre Hilfe dem Hungertod preisgegeben, 1,8 Millionen Kinder sind unterernährt, 2,3 Millionen Menschen auf der Flucht, 10'000 bereits umgekommen – vielleicht auch mehr.
Doch über das unermessliche Leiden der jemenitischen Bevölkerung vergiesst die Welt keine Tränen, es treffen keine Trauerbekundungen ein; und dass innert drei Tagen eine Milliarde Euro an Spenden zusammenkommen, ist völlig ausgeschlossen.
Der Grund ist einfach: Es liegt in der Natur des Menschen!
Notre-Dame ist seit 800 Jahren ein Fels in der Brandung einer immer schneller rotierenden Welt. Wenn etwas so Bekanntes, so Beständiges jäh zerstört wird, erschüttert uns das – jedenfalls weit mehr, als wenn irgendwo in irgendeinem Krieg irgendwelche Fremden verhungern.
Es berührt den Menschen auch mehr, wenn ein enger Freund stirbt, als wenn 29 Touristen bei einem Busunfall auf Madeira ums Leben kommen. Das Los der 29 Deutschen wiederum schmerzt uns mehr als das von zehnmal so vielen Flüchtlingen, die bei einem Bootsunglück im Mittelmeer ertrinken – weil jeder schon mal Tourist gewesen ist, aber noch nie Flüchtling.
Ist das zynisch? Ja!
Kann man es ändern? Nein.
Dennoch tut es gut, wenn man den Schaden an einem Gebäude einmal bewusst in Relation setzt zum humanitären Elend auf der Welt. Gerade an Ostern, den ältesten und höchsten Feiertagen unserer abendländischen Kultur.
Die Huthi fühlten sich als schiitische Minderheit im Jemen schon lange politisch, wirtschaftlich und religiös ausgegrenzt. 2014 erobern Huthi-Rebellen grosse Teile des Landes und übernehmen de facto die Macht.
Da die antiwestlich eingestellten Huthi gute Beziehungen zum Iran pflegen, fürchtet Saudi-Arabien, der Erzfeind könnte damit an Einfluss im Jemen gewinnen.
Eine Militärkoalition unter der Führung des sunnitischen Saudi-Arabiens hat deshalb 2015 politisch und militärisch in den Konflikt eingegriffen. Sie kämpfen fast ausschliesslich aus der Luft.
Der Koalition gehören neben Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain, Kuwait, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal an. Logistisch unterstützt werden sie von den Briten, Franzosen und Amerikanern. Menschenrechtsorganisationen werfen beiden Parteien Kriegsverbrechen vor. Im September scheiterten Friedensgespräche, weil die Huthi-Rebellen den Verhandlungen fernblieben.
Die Huthi fühlten sich als schiitische Minderheit im Jemen schon lange politisch, wirtschaftlich und religiös ausgegrenzt. 2014 erobern Huthi-Rebellen grosse Teile des Landes und übernehmen de facto die Macht.
Da die antiwestlich eingestellten Huthi gute Beziehungen zum Iran pflegen, fürchtet Saudi-Arabien, der Erzfeind könnte damit an Einfluss im Jemen gewinnen.
Eine Militärkoalition unter der Führung des sunnitischen Saudi-Arabiens hat deshalb 2015 politisch und militärisch in den Konflikt eingegriffen. Sie kämpfen fast ausschliesslich aus der Luft.
Der Koalition gehören neben Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain, Kuwait, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal an. Logistisch unterstützt werden sie von den Briten, Franzosen und Amerikanern. Menschenrechtsorganisationen werfen beiden Parteien Kriegsverbrechen vor. Im September scheiterten Friedensgespräche, weil die Huthi-Rebellen den Verhandlungen fernblieben.