Was für eine Karriere! Diese Woche wurde Toni Häne von SBB-CEO Andreas Meyer zum Leiter Personenverkehr ernannt. Ab 1. Januar ist der 62-Jährige die Nummer zwei im Konzern – und Chef von 14'000 Mitarbeitern.
Damit stellt Toni Häne in der Wirtschaftswelt gleich in doppelter Hinsicht eine Ausnahme dar: Erstens begann er 1971 als Stationslehrling in Au SG – arbeitet nun also bereits seit 46 Jahren bei den SBB. Ohne Unterbruch! Zweitens schafft er es in einem Alter ganz nach oben, in dem sich die meisten längst auf den Ruhestand einrichten.
Der Zeitgeist fördert solche Karrieren nicht. Im Gegenteil: Firmentreue scheint ein Wort aus ferner Vergangenheit, Dienstaltersgeschenke werden gestrichen, Kündigungsfristen gekürzt. Wer jahrzehntelang im selben Unternehmen arbeitet, gilt als abgehängt. Und wer nicht blitzartig Karriere macht, macht meistens gar keine mehr. Denn die Chefs werden immer jünger.
Beispiel Novartis: Der neue CEO Vas Narasimhan ist 41 Jahre alt – er führt ab Februar einen der grössten Pharmakonzerne der Welt mit 120'000 Mitarbeitern und 50 Milliarden Franken Umsatz. Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt (61) kommentierte im BLICK: «Erfahrung ist wichtig, aber weniger wichtig als vor 20 Jahren, als sich die Welt stetiger entwickelte. Wir leben in einer Zeit dramatischer Veränderungen. Da braucht es Chefs, die nach vorne schauen und mutige Entscheidungen treffen.»
Die Schweiz hat besonders viele junge Chefs: Bei der Migros übernimmt Fabrice Zumbrunnen – mit 47 Jahren ist er der jüngste Chef in der Geschichte des Genossenschafts-Bundes. Boris Collardi, der nun zur Genfer Pictet-Gruppe wechselt, leitete schon im Alter von 34 Jahren die Bank Julius Bär. Philippe Gaydoul übernahm gar mit 26 das Kommando bei Denner!
Spricht etwas gegen junge Chefs? Natürlich nicht! Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet das Können, nicht das Alter. Umso dümmer ist es, wenn Unternehmen ihre älteren Mitarbeiter unterschätzen. Sie machen dabei drei Denkfehler:
1. Sie überschätzen die Minuspunkte. Externe Bewerber präsentieren sich im strahlendsten Licht. Die internen kennt man in allen Details – also auch ihre Schwächen. Die bleiben bei den Newcomern meist verborgen.
2. Sie unterschätzen den Wert der Erfahrung. Wer schon lange im Unternehmen ist, muss nicht automatisch betriebsblind sein. Im Gegenteil: Hat jemand zusätzlich zur Erfahrung auch noch den Mut und die Fähigkeit zur Erneuerung, ist das eine unschlagbare Kombination.
3. Sie unterschätzen die Signalwirkung. Wenn eine Firma ständig Leute von aussen holt und die Erfahrenen aus dem eigenen Laden übergeht, darf sie sich nicht wundern, wenn ihre Talente davonziehen. Denn sie signalisiert: Hier kommt keiner ganz nach oben.
Darum ist es eine gute Nachricht, dass Karrieren wie die von Toni Häne immer noch möglich sind. Kommt hinzu: Menschen bleiben heute so lange fit, motiviert und leistungsfähig wie nie. Da ist es doch absurd, wenn sie früher denn je auf dem Abstellgleis landen. Nicht nur wegen der explodierenden AHV-Kosten!