BlickPunkt über Information und ihre Kontrolleure
«Was wir wissen dürfen»

Bei drei Ereignissen ging es diese Woche um die gleiche Frage: Welche Informationen dürfen Sie erhalten, liebe BLICK-Leserinnen und -Leser – und welche nicht?
Publiziert: 01.06.2018 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2019 um 11:23 Uhr
VBS-Sitz in Bern, in dem sich auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) befindet.
Foto: PETER KLAUNZER
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Christian Dorer

Am 28. März 1970 berichtete BLICK über «das todgeweihte Baby Giovanni Vincenzo Infantino». Der Bub war mit schwerer Gelbsucht zur Welt gekommen. Nur dank einer Blutspende aus Grossbritannien wurde er in letzter Minute gerettet. Das Baby von damals ist der Fifa-Präsident von heute: Gianni Infantino (48).

Ein solcher Text, mit dem Namen des Babys, wäre heute nicht mehr möglich. Die Privatsphäre ist viel umfassender geschützt. Zudem achten Behörden und Unternehmen strikt darauf, welche Informationen sie preisgeben. Die Zürcher Polizei zum Beispiel darf laut einem Beschluss des Sicherheitvorstehers in ihren Communiqués nicht einmal mehr die Nationalität von Straftätern nennen.

BLICK war diese Woche drei Mal mit der Frage konfrontiert, was Sie, liebe Leserinnen und Leser, erfahren dürfen.

1. Die Zahlen vom Geheimdienst. Das Öffentlichkeitsprinzip bedeutet, dass jeder Bürger jedes Dokument jeder Verwaltung einsehen darf, sofern dadurch nicht die Privatsphäre anderer Bürger oder gar deren Sicherheit gefährdet wird. In der Praxis ist es aber häufig sogar für BLICK schwierig, an Informationen zu gelangen. Mit einem dieser Fälle gingen wir bis vor Bundesverwaltungsgericht. Der Nachrichtendienst hatte die Herausgabe von Zahlen verweigert. Die Richter urteilten, die Behörde habe sie «zu Unrecht verwehrt respektive den Zugang ungerechtfertigterweise aufgeschoben». Wir haben gesiegt – und damit ein wichtiges Exempel statuiert.

2. Die Heldin von den SBB. Als ein Kran vor ihr auf die Schienen krachte, leitete die Lokführerin geistesgegenwärtig eine Notbremsung ein. Deshalb prallte der Zug nur mit 40 statt 110 km/h auf das tonnenschwere Hindernis. Die SBB-Heldin, wie BLICK sie nannte, rettete Menschenleben. Unser Reporter besuchte die Frau, sie schilderte ihre Erlebnisse gern. Trotzdem wollte die SBB-Medienstelle den Artikel verhindern. Gerade beim Staat versucht ein stetig wachsendes Heer von PR-Spezialisten, Informationen zu steuern. Und ein Unfall ist eben nie gute PR.

3. Die Chaoten von Hamburg. Am Mittwoch fand eine europaweite Verhaftungsaktion statt. Es ging um Gewalttaten während des G20-Gipfels im Juli 2017. In Bremgarten AG wurde der 27-jährige Sohn eines prominenten Schweizers festgenommen, der in Hamburg mitrandaliert haben soll. Hundert Polizisten inklusive Sondereinheit standen im Einsatz. BLICK hält den Krawalltourismus für ein Thema von höchstem öffentlichen Interesse – das Bezirksgericht Zürich sah es anders: Obwohl der mutmassliche Gewalttäter einen prominenten Vater hat, dürfe dessen Name nicht genannt werden.

Den Entscheid respektieren wir. Denn die Frage, was öffentlich ist und was privat, lässt sich nicht immer leicht beantworten. Erstaunlich in diesem Fall war etwas anderes: die Heuchelei des «Tages-Anzeigers». Das Zürcher Blatt warf dem BLICK «Chaotenjournalismus» vor – der gleiche «Tages-Anzeiger», der bis vor Bundesgericht dafür kämpfte, über den Sohn von Bundesrat Ueli Maurer zu berichten. Dabei war dessen Selbstunfall sicher von weniger grossem öffentlichen Interesse als die G20-Krawalle. Wäre der Crashfahrer nicht der Sohn eines Bundesrats, würde sich niemand für seine Geschichte interessieren.

BLICK wird die Ereignisse und die Menschen immer beim Namen nennen. BLICK wird immer primär mit den wahren Verantwortlichen reden statt mit ihren Kommunikationsabteilungen. Und BLICK wird immer schreiben, was Sie, unsere verehrten Leserinnen und Leser, wissen müssen.

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