Auf Blick.ch begann die Kandidatur mit einer technischen Panne: Hinter der Schlagzeile «Cédric Wermuth und Mattea Meyer wollen SP-Präsidenten werden» war zuerst nur das Bild von ihm zu sehen. Dabei bewerben sich der Aargauer Nationalrat und die Zürcher Nationalrätin gemeinsam für das Präsidium der Sozialdemokraten.
Der kleine Fehler wies auf eine grosse Wahrheit hin: Cédric Wermuth geht es nur um Cédric Wermuth. «Er nimmt immer sehr viel Raum ein», sagte seine Ratskollegin Yvonne Feri (53) zu Radio SRF.
Sie hat es am eigenen Leib zu spüren bekommen: Wermuth verhinderte die Kandidatur der breit abgestützten Nationalrätin für den Ständerat, weil er selber antreten wollte. Als er im ersten Wahlgang ein schlechtes Resultat einfuhr, entzog er sich der endgültigen Niederlage und machte im zweiten doch noch Platz für eine Frau. Ironie der Geschichte: Feri kandidierte gleichzeitig für einen frei gewordenen Sitz im Regierungsrat – und verfehlte den Sieg nur um Haaresbreite.
Nach Jahren der Männerdominanz fordern die SP-Frauen eine der ihren an der Parteispitze. Wermuth weiss, dass er als alleiniger Kandidat keine Chance hätte. Und er hat gute Erfahrungen mit einer Frau an seiner Seite: Von 2014 bis 2018 war er mit einer Grossrätin Co-Präsident der SP Aargau. Bloss merkte niemand etwas von dieser Arbeitsteilung: Wermuth lieferte eine vier Jahre dauernde Wermuth-Show.
Er sieht sich selbst als Feminist. Er boykottiert Podien, die nur aus Männern bestehen. Er prangert die Wirtschaft an, sie diskriminiere Frauen. Doch wenn es um ihn selber geht, wird seine feministische Fassade rasch fadenscheinig.
Natürlich steckt jeder Mensch voller Widersprüche. Und beinahe alle Politiker sind eitel. Doch die Sozialdemokraten sollten sich fragen: Ist Wermuth der Richtige, um ihre serbelnde Partei in die Zukunft zu führen? Seit 2003 sank der Wähleranteil der SP von 23,3 auf 16,8 Prozent!
Wermuth steht am linken Rand der Partei. Sein Markenzeichen ist Radau, nicht Integration. Seine Lebenswelt ist die des studierten Politologen, nicht die der normalen Bürger. Er will den Kapitalismus überwinden, die Wirklichkeit «radikal verändern», verlangt nach «grossen kollektiven Zielen». Dem «Tages-Anzeiger» offenbarte er 2018, er sei mit Karl Marx der Ansicht, dass die Zukunft dem Sozialismus gehöre, dass es dazu eine Revolution brauche. Oder – noch absurder: «Der Zustand unseres Planeten verlangt endlich nach einer Weltinnenpolitik.» Und verstehen Sie das folgende Wermuth-Zitat? «Wenn es etwas wie eine sozialistische Anthropologie gibt, dann besteht ihre wichtigste Einsicht darin, dass der Mensch primär als Potenzial aufzufassen ist.»
Typische Sätze eines Menschen, der direkt vom Uni-Hörsaal in den Ratssaal gerutscht ist. Wundert sich da noch jemand, dass einfache Arbeitnehmer heute viel häufiger SVP wählen als SP?
Die Grünen dürfen schon mal den Champagner kalt stellen: Wenn Wermuth den SP-Laden übernimmt, laufen demnächst noch mehr linke Wählerinnen und Wähler zu ihnen über.