Von nichts wird unser Leben heute nachhaltiger umgepflügt als von der Digitalisierung. Kaum ein Bereich bleibt von dieser technologischen Revolution verschont, am allerwenigsten der Arbeitsmarkt. Die Welt hat sich schon immer gewandelt – aber nie zuvor so schnell so fundamental.
Wissenschaftler perfektionieren das selbstfahrende Auto, forschen am ewigen Leben, automatisieren jede Sekunde unseres Alltags. Und dies in einem Tempo, dass der Abstand zwischen Fachleuten und Laien immer grösser wird.
Viele Menschen fragen sich da, was ihnen ein noch schnelleres Mobilfunknetz bringen soll. Was mit ihren Daten geschieht, wenn sie Uber fahren, online abstimmen, wenn sie ihr elektronisches Patientendossier auf einem Chip mit sich herumtragen oder per Handy einkaufen.
Vor wenigen Jahren erschütterte der Facebook-Skandal ihr Vertrauen, dann Putins Internet-Trolle, heute schockiert China mit seinem Sozial-Kredit-System, durch das jeder Bewohner des Riesenreichs mit flächendeckender Kameraüberwachung, Gesichtserkennung und Handy-Ortung bewertet und bei Fehlverhalten bestraft werden kann.
Ist es ein Zufall, dass gerade jetzt das Schweizer E-Voting-Projekt gestoppt wurde, dass die Einführung des neuen Mobilfunk-Standards 5G auf zähen Widerstand in der Bevölkerung stösst?
Ja, es gibt Gründe, die Digitalisierung als Gefahr zu sehen. Bloss wird das die Entwicklung kaum aufhalten, nicht einmal bremsen. Doch die Schweiz könnte durch Technikfeindlichkeit den Anschluss verlieren. Immerhin werden 65 Prozent der Primarschüler in Zukunft einen Beruf ausüben, den es heute noch gar nicht gibt!
Denn kaum ein anderes Land ist im internationalen Vergleich so innovativ und so wettbewerbsfähig wie die Schweiz. Wollen wir diesen Spitzenplatz behalten, müssen wir auch in der digitalen Welt ganz vorne mitspielen. Doch ohne Vertrauen in den Fortschritt wird das nicht gelingen.
Zwei wichtige Veranstaltungen erinnerten diese Woche daran: Zum einen der 3. Digitaltag, bei dem 270'000 Schweizerinnen und Schweizer den Stand der Digitalisierung an 300 Veranstaltungen hautnah miterleben konnten. Gleichzeitig startete in Genf die «Swiss Digital Initiative» für Ethik und Fairness im Internet, lanciert von 30 Vertretern international tätiger Konzerne, von Hochschulen und Spitzenpolitikern.
Ihr Ziel: Das internationale Genf soll Standort einer globalen Vereinigung werden, die Standards für Transparenz und den Schutz der Privatsphäre im Netz festlegt. Microsoft-Präsident Brad Smith freute sich: «Es ist gut für die Schweiz und wichtig für die Welt, dass es eine solche Initiative gibt. Und Genf ist der bestmögliche Ort dafür.»
Ja, die Stadt mit ihren 40 internationalen Organisationen und 380 NGOs könnte eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des technologischen Fortschritts spielen. Genf würde in die Welt hinausstrahlen, aber auch Impulse im eigenen Land setzen und das dringend benötigte Vertrauen schaffen.
Denn in der Schweiz war es schon immer so, und es wird auch immer so bleiben: Ohne die Mitwirkung der Bevölkerung geht hier gar nichts. Weder in der analogen noch in der digitalen Welt.