Kim Jong Un ist auch ein Berner. BLICK-Autor Matthias Mast zeichnete diese Woche die Jugendjahre des Diktators nach: Mutmasslich von 1991 bis 2002 lebte Kim in der Bundesstadt. Getarnt als Sohn eines nordkoreanischen Botschaftsangestellten, besuchte er zunächst die Steinhölzli-Primarschule in Köniz BE, dann die Oberstufe. Er liebte Basketball und sang begeistert Polo Hofers «Alperose». Niemand hätte gedacht, dass dieser unscheinbare Teenager uns allen eines Tages mit dem Dritten Weltkrieg drohen könnte.
Nervenkrieg zwischen Pjöngjang und Washington
Nordkoreas Nuklearprogramm ist kein Bluff: Drei unterirdische Atomtests sind bestätigt, Pjöngjangs Interkontinentalraketen können die USA erreichen. Anfang Woche flog ein Geschoss aus Kims Arsenal über den Norden Japans hinweg, die politische Welt reagierte mit Panik. Es war der bisher letzte Streich in dem seit Monaten eskalierenden Nervenkrieg zwischen Pjöngjang und Washington. US-Präsident Donald Trump drohte Nordkorea bereits mit «fire and fury», mit Feuer und Wut.
Nie seit der Kubakrise 1962 stand die Welt näher an der Schwelle eines Atomkriegs. Wären Kim und Trump bei klarem Verstand, hätten sie nicht das geringste Interesse daran, dass er tatsächlich ausbricht. Doch wie die Geschichte lehrt, werden die wenigsten Kriege bei klarem Verstand begonnen. Von Kim wissen wir nicht, wie er tickt, Trumps Unberechenbarkeit kennen wir dafür nur zu gut. Beides zusammen ergibt eine explosive Mischung.
Nur: Was geht uns ein Konflikt an, der 8670 Kilometer weit weg stattfindet? Die Antwort: Eine Menge!
Die Schweiz kann vermitteln
Erstens ist die Schweiz mehr als alle anderen Nationen verpflichtet, ihre guten Dienste anzubieten. Kim spricht Berndeutsch, er kennt unsere Kultur (auch wenn nichts davon hängengeblieben ist), er könnte ein gewisses Grundvertrauen in die Eidgenossenschaft haben. Unser Land ist seit Ende des Koreakrieges 1953 an der Überwachung der Waffenstillstandslinie zwischen Nord- und Südkorea beteiligt. Als eine von wenigen Regierungen leistet Bern seit 1995 Entwicklungshilfe in Nordkorea. Wenn überhaupt jemand vermitteln kann, dann die Schweiz. Wie sie es bis heute zwischen den USA und dem Iran tut, wie sie es bis vor kurzem mit Kuba erfolgreich vorexerziert hat.
Wir könnten damit übrigens schon viel weiter sein! Kluge Diplomaten hatten Aussenminister Didier Burkhalter bereits vor Jahren vorgeschlagen, eine Botschaft in Pjöngjang zu eröffnen – der abtretende Bundesrat erkannte die Chance nicht. Sein Nachfolger macht es hoffentlich besser.
Niemand weiss, was nach Kim käme
Zweitens ist die Schweiz intensiver mit der Welt verbunden, als den meisten bewusst ist. Alle grösseren Konflikte haben Auswirkungen auf uns: Dass die USA mit dem Irakkrieg die Diktatur von Saddam Hussein beseitigten, sorgte für Anarchie statt Demokratie – bald bauten brutale arbeitslose Kader von Saddams Armee und Geheimdienst die Terrormiliz Islamischer Staat auf. Folge: tödliche Anschläge beinahe überall in der westlichen Welt.
Auch Bomben auf Nordkorea wären schnell geworfen, Kims Regime in wenigen Tagen vernichtet. Doch niemand weiss, was dann geschieht: Die Vernichtung Südkoreas mit Artillerie? Ein letztes Aufbäumen der Kim-Dynastie mit Atomschlägen? China, das empört über den Krieg gegen sein Nachbarland auf Rache sinnt? Oder gar Zerwürfnisse zwischen sämtlichen alten und neuen Grossmächten?
Was immer nach einem neuen Koreakrieg geschehen wird – die Folgen betreffen auch uns. Die Schweiz sollte sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Sondern handeln, bevor es zu spät ist!