Die Kurve ist flach – und jetzt?
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BlickPunkt über den Weg zurück:Die Kurve ist flach – und jetzt?

BlickPunkt über den Weg zurück zur Normalität
Die Kurve ist flach – und jetzt?

Die Angst vor Corona schwindet, die Zahl der Ansteckungen geht zurück. Gleichzeitig steigen die wirtschaftlichen Schäden, es drohen gar Massenentlassungen. War der Lockdown vielleicht doch ein grosser Irrtum?
Publiziert: 22.05.2020 um 22:35 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2020 um 14:07 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Je geringer die Bedrohung durch Corona wird, je gewaltiger der wirtschaftliche Schaden, desto lauter werden jetzt kritische Stimmen: Um ein paar Menschen zu retten, die ohnehin bald gestorben wären, riskieren wir Massenarbeitslosigkeit, gefährden unseren Wohlstand, verschulden wir künftige Generationen? Nicht wenige glauben: Der Lockdown war übertrieben. SVP-Nationalrat Roger Köppel glaubt sogar: «Die Schweiz hat den Verstand verloren.»

Wir werden nie wissen, was gewesen wäre, wenn die Schweiz anders gehandelt hätte. Hätte, wäre, würde: Fest steht, wie sich die Lage Anfang März darstellte. Bei zu vielen Fällen von schwerem Covid-19-Verlauf drohte unser Gesundheitssystem zu kollabieren – dramatische Bilder wie aus Italien und Spanien wollte niemand auch in der Schweiz sehen müssen.

In einer solchen Situation Gesundheit und Wirtschaft gegeneinander auszuspielen, ist verantwortungslos.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz erkannte dies schon früh. Im Interview mit BLICK sagte er: «Gesundheit und Wirtschaft – das ist kein Entweder-oder. Je schlimmer die Krankheit wütet, desto schlechter ist es für die Gesundheit, und desto schlechter ist es auch für die Wirtschaft. Italien, Frankreich und Spanien werden nicht nur humanitär am stärksten getroffen, sondern auch wirtschaftlich den grössten Schaden erleiden.»

Grosse wirtschaftliche Schäden ziehen dramatische gesundheitliche Folgen nach sich: weil Menschen, die ihre Arbeit verlieren, häufiger psychische Probleme bekommen; weil Menschen, die unter Existenzangst leiden, häufiger Selbstmord begehen.

Selbst in der Schweiz ist dieser Effekt zu beobachten: Laut einer Studie der Uni Basel haben sich schwere depressive Symptome seit dem Lockdown fast verdreifacht, doppelt so viele Menschen wie bisher denken täglich an Suizid!

In einer derart delikaten Phase gilt es, eine Frage besonders gewissenhaft zu beantworten: Wie gelangen wir möglichst rasch zur Normalität zurück, ohne dass die Pandemie wieder aufflammt?

Abstands- und Hygieneregeln werden uns noch lange begleiten, Massenveranstaltungen dürften auf absehbare Zeit verboten bleiben. Zugleich ist es das beste Konjunkturprogramm, wenn wir nun Restaurants besuchen, Ausflüge unternehmen, Ferien buchen, in Kleiderläden und Möbelgeschäften stöbern, also alles tun, was unsere Wirtschaft wieder in Schwung bringt – aber alles unterlassen, was die Verbreitung von Corona begünstigt.

Denn ein zweiter Lockdown wird nicht möglich sein. Nicht einmal dann, wenn die Fallzahlen wieder steigen.

Der Staat kann nicht noch einmal 100 Milliarden Franken ausgeben, um die wirtschaftlichen Folgen zu bremsen.

Die Angst vor Jobverlust bei vielen Menschen inzwischen grösser als die Angst vor dem Virus.

Vor allem aber würde ein erneuter Stillstand nicht mehr akzeptiert werden.

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