Urs Schwaller will den Posten der zurückgetretenen Postchefin Susanne Ruoff neu besetzen. In der «NZZ am Sonntag» jammert er: «Die Suche gestaltet sich nicht so einfach. Viele Interessenten fragen sich, ob sie diesen medialen und politischen Druck aushalten wollen. Ob sie damit leben können, einmal pro Woche durchs Dorf gejagt zu werden.»
Der Postpräsident nennt gleich noch ein weiteres Problem: «Der Lohn ist tatsächlich ein Thema.» Laut Vorgaben des Bundes darf der CEO des Staatsunternehmens maximal eine Million Franken verdienen.
Zu viel Druck? Zu wenig Bezahlung? Ist das wirklich Ihr Ernst, Herr Schwaller?
Hat Ihr Unternehmen nicht gerade über Jahre hinweg die Steuerzahler um Hunderte Millionen Franken betrogen? Wollten Ihre Leute den Skandal nicht gerade immer nur so weit publik machen, wie es unbedingt nötig war, und den Rest unter den Teppich kehren? Der mittlere Monatslohn in der Schweiz beträgt 6500 Franken pro Monat. Ihr neuer Postchef soll 83’000 verdienen, eine Million pro Jahr. Und da beklagen Sie sich?
Bei Managerlöhnen wird gerne mit dem «Markt» argumentiert: «Die anderen bezahlen so viel, also muss ich auch.» Als ob es egal wäre, um welche Firma es geht! Als ob das Salär das Einzige ist, was einen Manager interessiert!
Private Aktionäre sollen ihren Chefs zahlen, was sie wollen – es ist schliesslich ihr Geld. Und wer sich an den Millionensalären von Grossbankern stört, der muss dort nicht Kunde sein. Er kann ja zu einer bescheidenen Regionalbank wechseln.
Bei den Staatsbetrieben Post und SBB geht das nicht: Ich kann meinen Brief nur mit der Post verschicken, ich kann von Brig nach Martigny nur einen SBB-Zug nehmen. Staatsbetriebe dienen als wichtige Pfeiler im Räderwerk Schweiz. Deshalb sind sie Monopole. Deshalb gehören sie allen Bürgerinnen und Bürgern – und die akzeptieren zwar vielleicht hohe, aber bestimmt keine exorbitanten Saläre.
Als wüssten sie dies nicht, vergessen viele SBB- und Postmanager leider allzu gerne, wem sie gehören – und was ihr Auftrag ist: der Service public für die Schweiz.
Als wäre das keine noble und wichtige Aufgabe, spielen sie Unternehmerlis. Die Postauto-Manager zum Beispiel stürzten sich lieber in ein waghalsiges Markteroberungs-Abenteuer in Frankreich, als einfach dafür zu sorgen, dass die gelben Busse in der Schweiz fahren, wie es ihr Auftrag ist: zuverlässig im Fahrplan, zuverlässig in der Unternehmensführung.
Der neue Chef muss der Post wieder die alte Bodenhaftung verschaffen. Er muss den Dialog mit der Bevölkerung führen, mit der Politik, mit den Medien. Er muss seine Arbeit lieben, auch wenn mal die Fetzen fliegen. Er muss stolz darauf sein, einem der traditionellsten und emotionalsten Unternehmen der Schweiz dienen zu dürfen.
Wer aber die öffentliche Debatte über seine Arbeit scheut oder wem eine Million dafür zu wenig ist – der soll sein Glück woanders versuchen.