BLICKpunkt von Christian Dorer
Nach dem Bundesratsreisli: die Noten

Unsere Bundesräte waren zwei Tage lang auf ihrem traditionellen Reisli. Wie aber machen sie ihren Job?
Publiziert: 08.07.2018 um 08:15 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2019 um 11:20 Uhr
«Unsere Regierung ist unspektakulär»
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BLICKpunkt von Christian Dorer zu den Schweizer Bundesräten:«Unsere Regierung ist unspektakulär»
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Christian Dorer

Das gibt es sonst nirgends auf der Welt: eine Regierung, die vollzählig über zwei volle Tage auf Betriebsausflug geht. Und dies Jahr für Jahr! Diese Woche tourten unsere Magistraten durch die Heimat des Bundespräsidenten. Die Bürger durften realisieren, dass es ihre Landesregierung noch gibt – und wie sie im Freizeit-Look daherkommt.

Ansonsten operiert der aktuelle Bundesrat eher ruhig und unauffällig. Man könnte meinen, er bestünde aus sieben Männern und Frauen ohne Meinung. Unspektakuläres Auftreten ist nicht immer ein Fehler, gerade in spektakulären Zeiten. Das Ausland jedenfalls beneidet uns um unsere geradezu aufsehenerregende Normalität.

Und doch: Wer nie mutig voranschreitet, der kommt nicht vom Fleck. Wer nie in Kauf nimmt zu scheitern, dem wird kein grosser Erfolg beschieden sein. Wer nie anders denkt, wer nie provoziert, wer sämtliche roten Linien respektieren will, der wird niemals neue Lösungen finden.

Unser heutiger Bundesrat verwaltet viel und gestaltet wenig. Es fehlen Saftwurzeln vom Schlage eines Pascal Couchepin, einer Micheline Calmy-Rey, eines Adolf Ogi. Persönlichkeiten, die Debatten provozieren. Wie wurde damals auf Couchepin eingeprügelt, als der das Rentenalter 67 zu lancieren wagte! Heute wissen wir, dass er damit eine überfällige Debatte angestossen hat.

Wo sind sie heute, die starken Figuren?

Alain Berset (46), das zeigt er als Bundespräsident, ist ein souveräner Staatsmann. Mutig ist er nicht. Weil er beliebt sein und gefallen möchte, schwebt er im Unverbindlichen.

Ueli Maurer (67) ist ein wirtschaftsnaher Finanzminister. Den Banken bereitet er Freude. Aber er ist auch ein Wertkonservativer. Er will die Schweiz bewahren, wie sie ist. Darum herrscht auch bei ihm gähnender Mangel an grossen Würfen.

Simonetta Sommaruga (58) verkörpert die Korrektheit der perfekten Chefbeamtin, die immer alles im Griff hat. Eine nationale Leaderin ist sie genauso wenig wie ihre Schulreisen-Gspänli.

Johann Schneider-Ammann (66) leidet so sehr an den Mühen seines Amtes, dass es wehtut, ihm zuzusehen. Inhaltlich macht es der Patron der Wirtschaft nicht schlecht: Er wagt den Hosenlupf mit den Bauern und hat die Bedeutung der Digitalisierung erkannt.

Guy Parmelin (58) war schon als Parlamentarier ein Leichtgewicht. Heute ist er es in der Regierung.

Ignazio Cassis (57) ist für ein Urteil noch zu kurz im Amt. Immerhin: Mit dem «Reset-Knopf» in der Europa-Frage hat er manche Blockade in den Köpfen aufgelöst.

Doris Leuthard (55) war über lange Zeit die starke Figur im Bundesrat. Mit ihrer frühen Rücktrittsankündigung aber hat sie sich ohne Not zur lahmen Ente erklärt. 

Tja, unser Bundesrat: Grundsolide, unspektakulär, so beweglich wie der Käse im Caquelon – aber doch typisch für dieses Land, das keine Stars mag und jedem den Kopf abschlägt, der zu hoch aus der Menge ragt.

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