Steigende GA-Preise
SBB und Co verteilen faule Oster-Eier

Der öffentliche Verkehr erhöht die Preise auf Ende Dezember. Während Reisende der 1. Klasse geschont werden, müssen alle anderen deutlich tiefer in die Taschen greifen. Damit sendet die Swisspass-Lobby falsche Signale.
Publiziert: 09.04.2023 um 10:36 Uhr
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SBB und Co. erhöhen den Preis für das 2.-Klasse-GA im Dezember um 4,8 Prozent.
Foto: Pius Koller
Raphael Rauch

Es klingt wie ein verspäteter Aprilscherz: SBB und Co. erhöhen den Preis für das Erste-Klasse-Abo um 1,9 Prozent, den der zweiten Klasse jedoch gleich um 4,8 Prozent. Die Alliance Swiss Pass will den Gutbetuchten offenbar nicht zumuten, was sie der Holzklasse abverlangt. Den Verantwortlichen ist jegliches Gespür dafür abhandengekommen, was man verlangen kann und was nicht.

Besonders empörend an dieser asymmetrischen Erhöhung ist die Begründung. Der französischen Königin Marie Antoinette (1755–1793) wird fälschlich der Satz zugeschrieben: «Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen!» Bei Swiss Pass heisst es: «Wir möchten die 1. Klasse erschwinglicher und attraktiver machen und mehr Kapazitäten für die 2. Klasse schaffen.»

Umverteilung von unten nach oben – gehts noch? Die Swiss-Pass-Strategen sollten sich besser Gedanken darüber machen, wie sie das Chaos in der zweiten Klasse beenden. Von Überfüllung im Intercity bis zum Erbrochenen in der S-Bahn weiss jede Pendlerin, jeder Pendler zu berichten. Zudem sendet die Swiss-Pass-Lobby mit Preiserhöhungen generell die falschen Signale. Oder glaubt sie ernsthaft, so den Zielen des Bundesrats näherzukommen? Der wollte eigentlich die Quote des öffentlichen Verkehrs steigern. Seit 2007 tut sich beim ÖV-Anteil am Gesamtverkehr praktisch nichts.

Natürlich will sich niemand die Deutsche Bahn mit ihrer maroden Infrastruktur und Dauerverspätungen zum Vorbild nehmen. Aber die Frage sei erlaubt: Wenn Deutschland das 49-Euro-Ticket einführt (588 Franken, Jahres-Flatrate im Regionalverkehr) und Österreich das Klima-Ticket (Jahrespreis 1038 Franken, Flatrate inklusive Fernverkehr), warum erhöht dann ausgerechnet die Bahnnation Schweiz die Preise?

Sollten wir wegen Putins Angriffskrieg nicht unseren Energieverbrauch umstellen? Und überhaupt: Sollten wir nicht weniger CO₂ ausstossen? Wie war das nochmals mit den Pariser Klimazielen?

Der Schweizer ÖV zählt zu den besten der Welt. Dennoch muss er noch attraktiver, noch besser und auch billiger werden. Es ist legitim, ihn noch stärker zu subventionieren. Das Klima muss es uns wert sein. Und wenn Swiss Pass das nicht hinbekommt, muss die Politik die Rahmenbedingungen zugunsten des öffentlichen Verkehrs korrigieren.

Zum Glück haben die Mitglieder der Alliance Swiss Pass die Tarife noch nicht genehmigt. Das eröffnet die Chance, die faulen Ostereier zurückzuweisen. Die Bahnnation Schweiz muss vorwärtsmachen. Es reicht, wenn die Banken beben.

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