Chef zu sein, ist nicht einfach. Insbesondere, wenn man einer so mächtigen Institution wie der Schweizerischen Nationalbank vorsteht. Von überallher prasseln Forderungen auf SNB-Präsident Thomas Jordan ein. SP und SVP wollen einen Teil der Nationalbankgewinne zur Sanierung der AHV verwenden. Die Kantone verlangen höhere Ausschüttungen. Ökonomen stellen die Negativzinsen und die Geldpolitik der SNB generell infrage. Und dann wäre da auch noch der Umstand, dass die Nationalbank beim Thema Nachhaltigkeit ziemlich schlecht abschneidet.
Auf solche Vorhaltungen reagiert Thomas Jordan jeweils stoisch. Er verweist auf die Unabhängigkeit der Nationalbank – und damit hat es sich dann. Diskussion beendet.
Natürlich darf die SNB-Geldpolitik nicht parteipolitischen Überlegungen folgen; ihre Unabhängigkeit ist zentral. Und doch: Debatten abzublocken, reicht nicht. Selten genug nimmt der Nationalbankchef Stellung zu Fragen, die Politik und Gesellschaft umtreiben.
Nur manchmal, wenn der Druck zu gross wird, versucht Jordan, etwas Dampf aus dem Kessel zu lassen. Dann gewährt er Bund und Kantonen sechs statt vier Milliarden Franken an Ausschüttungen. Oder schreibt die Stelle eines Nachhaltigkeitsverantwortlichen aus.
Das ist gut – reicht aber nicht. Als oberster Chef einer der drei mächtigsten Institutionen im Land hat Jordan die Pflicht, sich unbequemen Fragen zu stellen. Und es ist seine Aufgabe, die Politik der SNB hie und da an gesellschaftliche Ansprüche anzupassen – statt sich hinter ihrer heiligen Unabhängigkeit zu verschanzen.