«La crise n’existe pas», titelte die «Weltwoche» vor zehn Jahren und wurde gleichentags widerlegt, als der Bundesrat die UBS per Notrecht retten musste. Nichts Geringeres als die Stabilität des Finanzplatzes sei auf dem Spiel gestanden, sagte der damalige Bundesrat Pascal Couchepin einige Jahre danach. Jetzt setzt der Bundesrat wieder Notrecht ein, um die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes zu schützen. Diesmal geht es um die Schweizer Börse: Die EU droht den Handel von Aktien bei der Schweizer Börse zu verbieten. Weil über die Hälfte ihres Handelsvolumens von über 1000 Milliarden Franken aus der EU kommt, wäre das ein harter Schlag für den Schweizer Finanzplatz.
Jedoch fiel den gewieften Schweizern beim genauen Lesen des angedrohten Verbots aus der EU etwas auf: Nur jene Aktien dürfen an der Schweizer Börse nicht mehr gehandelt werden, die auch auf einem Handelsplatz in der EU gekauft werden könnten. Sollte also der Handel mit Schweizer Aktien in der EU verboten werden, könnten diese weiter über die Schweizer Börse gekauft werden. Also hat der Bundesrat kurzerhand per Notrecht den Handel von Schweizer Aktien in der EU verboten. Das Verbot tritt nur ein, wenn die EU ihre Drohung wahr macht. Es ist ein gelungenes Buebetrickli per Notrecht. Gratulation an den Bundesrat, dem immer wieder vorgeworfen wird, er könne nicht geschickt verhandeln. Allerdings sind Buebetrickli und Notrecht keine langfristige Strategie. Vielmehr zeugen sie von einer Überforderung der Regierung, vielleicht sogar des Regierungssystems. Die Krise ist real.