Pierre Maudet über elektronische Abstimmungssysteme
E-Voting ist besser als sein Ruf

Elektronische Abstimmungssysteme sind heute zwar nicht perfekt, aber absolut praxistauglich und sicher. Die Schweiz müsse die neuen Technologien ausprobieren und weiterentwickeln, fordert der Genfer Regierungsrat Pierre Maudet. Die Verteufelung führe in die Sackgasse.
Publiziert: 07.11.2018 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2018 um 23:03 Uhr
Pierre Maudet

«Man muss E-Voting stoppen! Sofort! Es ist einfach nicht sicher!» Auch letztes Wochenende meldeten sich die Kritiker in der Schweiz wieder zu Wort. Sie wollen diese Innovation für unsere Bürgerrechte ausbremsen oder gar ganz verhindern. Mit der falschen Behauptung, es sei Hackern gelungen, in das seit über 15 Jahren bewährte E-Voting-System des Kantons Genf einzudringen.

Schon 140 elektronische Abstimmungen und Wahlen hat Genf nun schon hinter sich. Das System wurde laufend weiterentwickelt und verbessert. Die Investitionen, die Genf in dieses Pilotprojekt gesteckt hat, sind massiv. Jahr für Jahr wird das E-Voting mit neuen Schutzmassnahmen ausgestattet, um Wahlfälschung und Sicherheitslecks vorzubeugen. Auch zahlreiche andere Kantone vertrauen darauf.

Im Jahr 2015 wurde die individuelle Verifizierbarkeit eingeführt. Wähler können seither überprüfen, dass ihre elektronische Stimme unverändert eingeworfen wurde. Bald folgt die universelle Verifizierbarkeit, wodurch auch die Wahlkommission die Stimmen einsehen kann. Solche Errungenschaften machen das E-Voting sicherer. Aber die hundertprozentige Sicherheit gibt es bei keiner Lösung. Auch nicht bei der Abstimmung an der Urne oder per Brief, wie die Bevölkerung von Moutier diese Woche erfahren musste.

Verschwenden wir unsere Energie also nicht am falschen Ort. Wir müssen das E-Voting auf all seine Stärken und Schwächen prüfen – am besten unter Einbindung der Hacker und einer unabhängigen Bundesbehörde. Wenn wir das nicht tun, droht uns die Kontrolle über ein System zu entgleiten, das so oder so kommen wird.

Wir sollten uns auch immer wieder vor Augen führen, worum es beim E-Voting geht. Es ist nicht das Ziel, dass man Nichtwähler zum Abstimmen bewegt. Vielmehr müssen wir die Digitalisierung begleiten, die alle Bereiche unserer Gesellschaft erfasst, eben auch die politischen Rechte. Und da soll die Schweiz schliesslich führend bleiben.

Pierre Maudet (40) ist Regierungsrat des Kantons Genf. Der FDP-Politiker ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.

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