Patrizia Laeri über die Macht von #MeToo
Wie ein Hashtag Aktienkurse stürzt

#MeToo hat konkrete Auswirkungen auf die Wirtschaftswelt. Sexismus schadet dem Geschäft. Firmen, die das immer noch nicht wahrhaben wollen, kommen an die Kasse.
Publiziert: 30.10.2018 um 23:07 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2018 um 20:34 Uhr
#MeToo ist zum neuen Cyber-Risiko für den Verwaltungsrat geworden.
Foto: Pacific Press Agency
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Patrizia LaeriKolumnistin

#MeToo hat auch Abermillionen an der Börse vernichtet. Sexismusfälle haben Aktienkurse teilweise zweistellig einbrechen lassen. So bei den amerikanischen Medienkonzernen Fox und CBS, aber auch bei Guess oder dem Buchhandels-Riesen Barnes & Noble.

#MeToo ist zum neuen Cyber-Risiko für den Verwaltungsrat geworden. #MeToo kann wie dieses unkontrolliert enorm teuer werden. Untersuchungen, Krisenkommunikation und Rechtsfälle verschlingen Geld, schaden dem Ansehen bei Kunden und Konsumenten, aber rufen vor allem auch Aktionäre auf den Plan. #MeToo kann sich ein Verwaltungsrat schlicht nicht leisten.

Nike, Fox, UBS

Sexismus schadet nachweislich dem Geschäft. 2018 haben Aktionäre deshalb deutlich mehr Gender-Anträge eingereicht als letztes Jahr. So etwa bei Nike: Nachdem der Sporthersteller elf Manager wegen sexueller Belästigung entlassen musste, verlangten die Aktionäre, dass Nike sein Risiko-Management verbessern und vor allem Belästigungen am Arbeitsplatz vorbeugen soll. Nike müsse auch für Chancengleichheit und Lohngleichheit sorgen.

Gewisse Investoren gehen noch weiter und haben gegen Firmen mit Sexismus-Fällen geklagt. Zum Beispiel gegen den Medien-Konzern Fox. Sie bekamen recht und Geld: 90 Millionen. Auch Goldman Sachs und Morgan Stanley sowie die Schweizer Grossbanken UBS und CS haben #MeToo-Fälle. Den Vergewaltigungsfall bei der UBS hat der britische Bankenregulator letzte Woche sogar zur Chefsache erklärt. Dort muss bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe zwingend die Aufsicht informiert werden.

Männerkonzerne unter Druck

Dazu kommt, dass eine wachsende Zahl von Anlegerinnen und Anlegern nur noch in frauenfreundliche Firmen Geld stecken. Jüngst hat der weltgrösste Stimmrechtsberater ISS eine Regel «gesunder Menschenverstand» lanciert. Er empfiehlt künftig, bei reinen Männerkonzernen den Vorsitzenden des Nominierungs-Komitees im Verwaltungsrat nicht mehr zu wählen.

Studien zeigen, dass in männlich dominierten Konzernen mehr belästigt wird. Die Regel wird unter den grössten 20 Konzernen der Schweiz also auch vier Firmen treffen: Swiss Life, Swisscom, Lonza und Geberit. ISS-Empfehlungen haben viel Macht. Denn wer zahlt, befiehlt.

Trotzdem schade, dass so viele Konzerne nun erst unter dem Druck der Aktionäre rational werden. Sonst hätten sie selber längst ausrechnen können, dass ausgewogene Geschlechter-Verhältnisse auch mehr Geschäft und Geld bedeuten. 

Patrizia Laeri (40) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.

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