Selbst Bundesrat und Bundesamt für Verkehr sind der Meinung, dass unser heutiges ÖV-System nicht zukunftstauglich ist. Die jahrelange Erfahrung zeigt: Es ist zu kompliziert, zu uneinheitlich, zu unlogisch. Das soll sich bis 2025 ändern – so der Befehl von oben. Aber so richtig in der Öffentlichkeit angekommen scheint das noch nicht. Dabei wäre es genau jetzt an der Zeit, darüber nachzudenken, was wir wirklich brauchen und wollen. Die Verkehrsbetriebe Zürich haben unter VBZ2050.ch bis am 25.3.2020 eine interessante Befragung darüber laufen, wie die Mobilität in 30 Jahren aussehen soll. Neben all den Wünschen bezüglich Angebot und zusätzlicher Infrastruktur muss man sich auch zum Preis und Sortiment Gedanken machen.
Nehmen wir mal die Pendler – eine treue, hochgeschätzte Kundengruppe im ÖV. Sind die heutigen Angebote wirklich noch passend für sie? Neue Arbeitsmodelle verändern unsere Mobilitätsbedürfnisse. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit war es doch oft so, dass der Familienvater an fünf Tagen die Woche zur Arbeit und zurück pendelte. Zwischenzeitlich hat sich die Welt verändert. Viele Frauen und Mütter arbeiten heute Teilzeit, und auch Männer entdecken immer mehr, dass durch Teilzeitarbeit Beruf und Familie besser vereinbar sind. Ausserdem gibt es eine wachsende Anzahl Erwerbstätige, die gelegentlich im Homeoffice arbeiten: 2001 waren es kaum zehn Prozent, 2018 war es bereits jeder Vierte, weiss das Bundesamt für Statistik. So kommt es, dass eben viele Leute zwischen ein und vier Tagen die Woche pendeln. Doch wo sind die passenden ÖV-Angebote für diese Lebensrealitäten?
Die technischen Möglichkeiten übersteigen bisher den erkennbaren Gestaltungswillen insbesondere bei den Verbünden bei weitem. Meine Befürchtung ist deshalb, dass man lieber Bestehendes zu optimieren sucht, statt zu schauen, was den Nutzerinnen und Nutzern zukünftig tatsächlich dienen würde. Wir haben 2020, das neue System soll 2025 implementiert sein. Jetzt ist also ein guter Zeitpunkt, um Bedürfnisse anzumelden und die Möglichkeiten zu diskutieren. Nutzen wir die Gelegenheit!