Für eine Story zum Thema Zivilcourage besuchte ich in Zürich einen Kurs und lernte, wie man Opfern von Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit auf der Strasse oder im Büro helfen kann. Schauspieler und Kursteilnehmer spielten Szenen nach. Zwei Typen machen einen vermeintlich Schwulen aufs Dümmste an. Ein Chef lädt eine neue Mitarbeiterin vor dem ganzen Team ein, mit ihm in die Sauna zu gehen. Es ist zum Kotzen.
Immer wieder erzählen die Kursteilnehmerinnen, was ihnen schon alles passiert ist. Eine sagt, dass ihr fremde Männer im Club regelmässig ungefragt in die Haare fassen und sie nicht wisse, ob sie das einfach über sich ergehen lassen müsse. Haarsträubend!
1000 Meldungen in einem Jahr
Auf einem Online-Tool der Stadt Zürich gingen in einem Jahr 1000 Meldungen über sexuelle Belästigungen im öffentlichen Raum ein. Darunter Erfahrungsberichte von weiblichen Teenagern, die sich an schlüpfrigen Komplimenten alter Männer stören.
Auch wenn solche Anzüglichkeiten schon fast als normal gelten, haben die Opfer offenbar überhaupt nicht gelernt, damit zu leben. Das müssen sie auch nicht. Am Abend nach dem Kurs bin ich sauer, weil ich an all die Situationen denke, in denen ich «uncoole» Bemerkungen gehört und die Wut darüber in mich hineingefressen habe. Diese Selbstkritik würde eigentlich denjenigen guttun, die die blöden Sprüche klopfen. Vielleicht müssten sie mal in einen Kurs.