Im Herbst schlachtete der Bauer stets ein Schwein. Einerseits aus Tradition, andererseits, um Vorrat für den Winter anzulegen.
Aufgabe der Bauernbuben und -meitschi war es, im Bottich mit dem Schweineblut zu rühren, damit es nicht klumpte. Die Därme wurden direkt auf dem Hof befüllt und als Blutwürste zum Znacht serviert, ebenso wie die Leberwürste.
Für die Jungen war das ein Festschmaus. Denn vom Schwein wurde alles gegessen. Und der grosse Rest war Voressen – mit der immer gleichen Sauce nach Bäuerinnenart.
Heute sind nicht nur Metzgen, Ausnehmen und Verarbeiten von eigener Hand aus der Mode gekommen, auch mehr als zweimal in Folge dasselbe Abendessen aufzutischen, ist unvorstellbar – weil wir jederzeit essen wollen und können, was uns schmeckt.
Zum Beispiel in der Wildsaison: Da schmecken den meisten Rehrücken, Hirsch-Entrecôtes und Rehschnitzel. In Restaurants und Detailhandel werden solche Edelstücke am häufigsten nachgefragt. Obwohl auch aus den zähen Stücken ebenso zarter Wildsau- oder Rehpfeffer entsteht. Und auch Nieren und Leber auf der Zunge zergehen.
Zwei Drittel des dafür nötigen Wildfleisches aber muss die Schweiz importieren. Weil wir unsere heimischen Wildtiere nicht wie Schweine schlachten dürfen. Vor allem aber, weil wir gierig nach den Edelstücken sind – mit demselben Verlangen, wie Bauernkinder einst die Würste verschlangen.
Also stürmen wir jedes Jahr im Herbst die Restaurants und bestellen Wild, als gäbe es danach nur noch Voressen nach Bäuerinnenart.