Gibt man bei Google die Worte «Maden» und «Nazis» ein, führt einer der ersten Treffer zu einem Interview mit dem Historiker Christian Hartmann. Der Münchner hat eine kritisch kommentierte Ausgabe von «Mein Kampf» herausgegeben. Gleich am Anfang des Interviews geht es darum, dass Hitler Menschen als Maden und Geschwüre diffamierte.
Ein Mensch mit Schulabschluss braucht gar nicht erst zu googeln. Wer im Geschichtsunterricht auch nur ein bisschen aufgepasst hat, weiss es. Wer auch nur ein bisschen am Geschehen hier und dort, gestern und heute interessiert ist, weiss es.
Der universitär gebildete SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi behauptet, er habe es nicht gewusst. Präsident Albert Rösti wischiwäscht sich weiss, Wahlkampfleiter Adrian Amstutz verdreht die Wahrheit ins Gegenteil. Würde man den Spitzenpolitikern der Schweizerischen Volkspartei glauben, was sie erzählen, man müsste sie für unzurechnungsfähig erklären.
Sie wissen, was sie tun
Aber sie sind zurechnungsfähig. Sie wissen: Die Nazis haben den Juden das Menschsein abgesprochen, um sie als Ungeziefer ausrotten zu können. Sie wissen: Am Anfang war das Wort, dann Auschwitz. Sie wissen: Mit dem Apfel, der von angeblich schweizwesensfremden Maden zersetzt wird, reihen sie sich in die antisemitische «Stürmer»-Tradition ein.
Sie wissen, was sie tun. Nazi-Propaganda. Im Jahr 2019. Made in Switzerland.
Natürlich steckt hinter der Grenzüberschreitung das Kalkül, die SVP ins Gespräch zu bringen. Es ist ja nicht das erste Mal. Und es funktioniert vordergründig wieder.
Widerwärtigkeit der Parteielite
Aber: In den politischen Auseinandersetzungen der Schweiz zählt zum Glück noch immer, womit man sich ins Gespräch bringt. Wer es mit Unsäglichem tut, hat nichts zu sagen. Er entzieht sich selbst das Wort.
Die neuste Widerwärtigkeit der Parteichefs nützt der SVP nicht. Es wird ihr schaden. Ganz rechts aussen mögen sie zäuselnd ein paar Irrlichter für sich gewinnen. Doch klassische SVP-Wähler und solche, die es sein könnten, wollen mit dem braunen Sumpf nichts zu tun haben. Die SVP ist nicht die AfD.
Der andere ist kein Volksschädling
Als grösste Partei im Land versammelt sie in der überwiegenden Mehrheit bürgerlich gesinnte Demokraten, die sich allenfalls als Radikal-Schweizer sehen, die deswegen bestimmt keine Hitler-Nostalgiker sind. Sie denken bei einem Apfel nicht an ein Opfer von Volksschädlingen, sondern an Tell und Walterli, vielleicht an Subventionen, den Thurgau und an Süssmost. Und sie sehen im politischen Gegner den Nachbarn mit einer andern Meinung, nicht den Feind und Volksschädling.
Es ist erstaunlich und entsetzlich zugleich: Ausgerechnet bei der Schweizerischen Volkspartei setzt eine Parteielite Takt und Ton, die so gar nicht zur Schweiz passen. Vorbei am Volk, hin zum Völkischen.
Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.
BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.
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