«Bei Kartenzahlungen geben Leute tendenziell weniger Trinkgeld»
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Restaurant-Managerin Aregger:«Bei Kartenzahlungen geben Leute tendenziell weniger»

Trinkgeld
Herzlich statt hartherzig

Kartenzahlungen und Inflation bedrohen die Trinkgeldkultur. Erinnern wir uns daran, was Thomas Mann zur galoppierenden Geldentwertung vor hundert Jahren in Deutschland sagte.
Publiziert: 15.01.2023 um 14:05 Uhr
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Trotz Inflation sollte man in der Gastronomie, …
Foto: Philippe Rossier
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Ist das zu viel Geld? Oder zu wenig? Soll ich überhaupt etwas zusätzlich geben? Oder darf ich gar nicht? Das Trinkgeld wirft immer wieder Fragen auf und erhält von Land zu Land andere Antworten. In der Schweiz ist es im Preis aller Dienstleistungen grundsätzlich inbegriffen – in der Gastronomie seit 1974. Trotzdem runden noch heute vier von fünf Schweizerinnen und Schweizern den Rechnungsbetrag im Restaurant auf.

Das ist gut so. Denn erstens ist es eine freundliche Geste der Dankbarkeit gegenüber dem hart arbeitenden Servicepersonal und zweitens ein Zustupf für Menschen in einer Branche mit geringem Verdienst. Vom Trinkgeld sollten nicht nur Angestellte in der Gastronomie profitieren, sondern zum Beispiel auch Taxifahrer, Coiffeusen oder Postboten.

In Deutschland droht dieses «gut eingeübte Ritual gerade zu kippen», wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtete. Gründe ortet das Blatt in der vermehrten Zahlung mit Kredit- und Debitkarten – denn nur Bares ist Wahres – und in der Inflation, die bei unserem nördlichen Nachbarn zeitweise zweistellig war und viele knapp bei Kasse werden lässt.

Doch in dieser Situation sollten wir uns daran erinnern, was der deutsche Literaturnobelpreisträger Thomas Mann (1875–1955) einmal über die galoppierende Geldentwertung in Deutschland vor genau hundert Jahren sagte: «Inflation ist ein Schauspiel, das alle zynisch, hartherzig und gleichgültig macht.» Bleiben wir nett, herzlich und interessiert gegenüber Kellnerinnen, Taxifahrern, Coiffeusen und Pöstlern – zumal die Inflation in der Schweiz nicht derart hoch ist.

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