Nachschlag von Reza Rafi
Oh mein Gott!

Publiziert: 31.03.2018 um 23:15 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:02 Uhr
Stv. Chefredaktor SonntagsBlick: Reza Rafi
Foto: RDB

In unserer Zeit herrscht eine Jugendmode, die – oh mein Gott! – unüberhörbar ist.

KV-Stifte im Tram, Lehrlinge im Ausgang, Gymi-Schüler im Burger-Laden: Wo immer man unfreiwillig mithören muss, schleicht sich – oh mein Gott! – dieses furchtbare «Oh mein Gott!» ein.

So unkontrollierbar wie Aknepickel auf einem Teenagergesicht durchdringt diese Floskel – oh mein Gott! – die Sprache der Jungen. Neuerdings kommt sogar der Fünfjährige aus dem ersten Chindsgi und erzählt, dass sie – oh mein Gott! – in der Turnhalle die Garderobe mit Erstklässlern teilen mussten. Oh mein Gott!

Woher kommt diese neue Gottesfurcht? Ist es die Generation Youporn, die diese Floskel den – oh my God! – schweinischen Filmchen entlehnt hat? Oder schlummert da – oh mein Gott! – eine Sehnsucht nach überirdischer Lenkung?

Ist es gar ein später Sieg René Descartes’ über Friedrich Nietzsche? Offenkundig zieht der Nachwuchs – oh mein Gott! – die cartesianische Gottesgewissheit dem deutschen Denker vor, der doch einst befand, dass Gott eine «viel zu extreme Hypothese» sei. Das sehen die heutigen Youngsters anders. Oh mein Gott!

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