Es ist ein fantastisches Buch. Und natürlich steht die abgegriffene deutsche Erstausgabe von 1989 auch in meiner Bibliothek: «Die satanischen Verse» von Salman Rushdie. Weil sich Piper vor der Todesdrohung aus Iran fürchtete, erschien der Roman damals im Artikel 19 Verlag. Artikel 19 der Menschenrechte garantiert die «Meinungs- und Informationsfreiheit».
Der unerschrockene und fabulierfreudige Rushdie ist seit jeher ein Kämpfer für Meinungsfreiheit und gegen Denkverbote – nicht umsonst erhielt er 2019 den Schweizer Freidenkerpreis. Als mich 2017 der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Schloss Bellevue nach Berlin einlud, um als Gast einer Podiumsdiskussion mit Sir Salman Rushdie zum Thema «Die Freiheit des Denkens in unruhigen Zeiten» beizuwohnen, war ich deshalb sehr gespannt.
Ich sah Rushdie damals zum ersten Mal live. Ich sah einen eloquenten, aber gleichwohl vorsichtigen Menschen. Das Todesurteil des iranischen Gottesstaates von 1989 prägte ihn offensichtlich noch immer. Und nun hat ihn der Fluch der Mullahs in den USA eingeholt – ausgerechnet dort, wo er sich so sicher fühlte! Aber ein Fluch bleibt immer bestehen, sodass er einen immer und überall einholen kann. Brandstifter sollten sich also stets bewusst sein, was sie mit einem Fluch anrichten können.
«Um wiedergeboren zu werden (…) musst du erst sterben», beginnen «Die satanischen Verse». Es scheint so, als müsste die Meinungs- und Informationsfreiheit erst verschwinden, damit wir danach ihre Renaissance erleben können. Einfacher wäre es, wenn wir dieses Menschenrecht gemeinsam am Leben erhalten und erst gar nicht sterben lassen – wie damals 1989.