Liebes BLICK-Team, liebe Kolleginnen und Kollegen
1959, was für ein Jahrgang. Hier spricht jetzt allerdings nicht nur der Verleger, sondern auch der Sommelier des Hauses. Wer einmal die Ringier-Journalistenschule auf der Römerhalde in Zofingen AG besucht hat, weiss, dass dort die wahren Werte im Keller liegen, wo tausende von Weinflaschen auf ihre Reife warten, was bei Journalisten ja durchaus auch seine Zeit beanspruchen kann.
Im Oktober 1959 herrschte also nicht nur in zwei kleinen Wohnungen an der Dianastrasse in Zürich Hochbetrieb, sondern auch in Bordeaux. Und die Anstrengungen haben sich offensichtlich gelohnt, wenn ich ein paar Sätze von der Webseite «Jahrhundertjahrgänge» zitieren darf. Von idealen Wachstumsbedingungen und viel Extrakt und Farbe ist da die Rede. Von hohen Erträgen und einem eigenständigen Geschmack. Allerdings kritisierten die Weinkenner am Anfang auch eine gewisse Unausgewogenheit und ein mässiges Alterungspotenzial. Doch Opulenz und Raffinesse führten dazu, dass viele Weine heute noch kraftvoll, ja jung wirken.
BLICK verbrannt, Kinder gehänselt
Das Älteste an unserer Zeitung ist heute ohne Frage ihr Verleger. Aber vergessen Sie nicht, dass der BLICK mal ein Startup war – gegründet vom deutschen Verleger Helmut Kindler und einem 83-Jährigen, meinem Grossvater Paul August Ringier. Mal sehen, was Herr Zuckerberg in dem Alter noch auf die Beine bringen wird. Aber der eigentliche Promoter und auch Leidtragende der BLICK-Gründung war unser Vater, nachdem sich Kindler relativ schnell wieder von seinen Anteilen getrennt hatte, weil er um seinen Ruf und seine Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz fürchtete.
Ich kann mich noch sehr genau an die Proteste erinnern. BLICK-Verbrennungen auf dem Bundesplatz, Verbotsforderungen, Verlust von Druck-Grossaufträgen wie dem Telefonbuch, Pöbeleien an Anlässen, zu denen wir immer weniger eingeladen wurden, bis zu ständigen Frotzeleien in der Schule. Die Reaktion unseres Vaters war immer dieselbe. «Ich lese die Ziitig eifach cheibe gärn», sagte er jedem, der das hören wollte – oder auch nicht.
Wir mögen das einfach schampar
Wir alle in der Familie halten das heute genauso wie unser Vater damals. Wir mögen das, was Ihr da jeden Tag macht, einfach schampar. Und seit 1969 sogar noch etwas mehr. Denn da ist der SonntagsBlick dazu gekommen. Als Sommelier würde ich ihm den Status einer Doppelmagnum verleihen, der in eigens konstruierten Automaten verkauft wurde – platziert mit Vorliebe auf Plätzen vor der Kirche. Ein Messwein der sehr besonderen Art, der heute sogar nach Hause geliefert wird oder den man als E-Wein downloaden kann.
Viele 59-er Bordeaux’ sind heute auf ihrem Höhepunkt oder haben ihn sogar noch vor sich. Und wissen Sie was? Dem BLICK, gedruckt oder online, den Sie alle jeden Tag machen, dem geht es genau so. Noch nie war er besser als heute. Glauben Sie mir, ich kann das beurteilen, ich habe alle Ausgaben gelesen – über 20'000 in 60 Jahren –, und seit über 45 Jahren mit Kommentaren meiner Frau. Eine Serie über Women Empowerment oder über Privatschulen, grosse Geschichten über die Wiedereingliederung von Müttern oder Arbeitslosen über 50 in den Arbeitsmarkt oder eine ganze Ausgabe zum Frauenstreik – was glauben Sie, wie viele Likes ich da von ihr bekomme?
Es darf Prominenteln und Menscheln
Ok, ich gebe es ja zu, bei Geschichten über Irina Beller oder Vera Dillier geht ihr Daumen eher in die andere Richtung. Aber unter uns: Macht einfach weiter damit, für mich, ich liebe so was. Und neben den grandiosen Geschichten über 5G und Blockchain und Postauto und Waffenexporte und SBB-Pannen und FC Basel und YB – da darf es doch auch etwas Prominenteln und Menscheln. Auch Spitzen-Bordeaux’ sind nicht alle durchwegs hochprozentig.
Und bald gibt es das alles auch im Bewegtbild. Blick TV ist eines der aufregendsten Projekte, das ich je begleiten durfte. Und vielleicht das mit dem höchsten Begeisterungsindex, an das ich mich erinnern kann. Der Jahrgang 2020 könnte ein ganz grosser werden. Einfach nicht vergessen, was der Käfer dazu meint: «Boulevard schreibt man am Schluss mit WAHR.»
Liebe BLICK-Leute, zum Geburtstag nicht nur die allerbesten Wünsche, sondern vor allem den allerherzlichsten Dank der ganzen Familie, dass Ihr dem Jubilar journalistisch dermassen Sorge trägt. Es ist ein unglaubliches Vergnügen, Euer Verleger zu sein. Happy Birthday!