Editorial von SonntagsBlick-Chefredaktor Gieri Cavelty
Darum geht es beim Klimaschutz-Gesetz (ausser ums Klima)

Mehr Wärmepumpen statt Öl und Gas: Das Klimaschutz-Gesetz, über das wir am 18. Juni abstimmen, sieht die grosszügige Förderung von umweltfreundlichen Heizsystemen vor. Die SVP hielt das früher für eine gute Idee. Heute hat sie eine andere Meinung.
Publiziert: 23.04.2023 um 04:00 Uhr
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Aktualisiert: 24.04.2023 um 14:38 Uhr
Gieri Cavelty, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Thomas Meier
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Gieri CaveltyKolumnist SonntagsBlick

Vor vier Jahren lehnten die Stimmenden des Kantons Bern ein neues Energiegesetz knapp ab. Dieses hätte den Einbau von Öl- oder Gasheizungen stark eingeschränkt. Nach diesem Volks-Nein vom Februar 2019 lancierte der Berner Grosse Rat eine Offensive zur grosszügigen Förderung von klimafreundlicheren Heizsystemen. Man wollte den Bernerinnen und Bernern Öl und Gas nicht verbieten; womöglich aber liessen sie sich mit finanziellen Anreizen zur freiwilligen Installation beispielsweise einer Wärmepumpe oder einer Holzpelletanlage bewegen? Dieser Argumentation folgten 148 Grossräte, es gab nur eine einzige Gegenstimme.

Ebenfalls zu den Befürwortern gehörte die SVP. Deren Grossrat Samuel Leuenberger aus Bannwil im Oberaargau erklärte: «Es scheint uns sinnvoll, dass insbesondere Kleinanlagen vermehrt gefördert werden, wenn Kleinölheizungen ersetzt werden.»

Tatsächlich entpuppte sich das Programm als durchschlagender Erfolg. Seit 2019 wurden im Kanton Bern insgesamt Förderbeiträge für den umweltschonenden Ersatz von rund 11 000 Öl-, 1000 Gas- und 2000 Elektroheizungen gesprochen.

Vor bald zwei Jahren lehnten die Schweizer Stimmenden ein neues CO2-Gesetz knapp ab. Dieses hätte unter anderem das Heizen mit Öl und Gas verteuert. Nach diesem Volks-Nein vom Juni 2021 verabschiedeten National- und Ständerat im letzten Herbst eine Offensive zur grosszügigen Förderung von klimafreundlicheren Heizsystemen. Man will den Menschen Öl und Gas nicht verbieten; womöglich aber lassen sie sich mit finanziellen Anreizen zur freiwilligen Installation beispielsweise einer Wärmepumpe oder einer Holzpelletanlage bewegen? Vorbild für die Bundeslösung – Sie ahnen es – war das Modell aus dem Kanton Bern. Bloss sagte die SVP dieses Mal nicht nur geschlossen Nein zu der Klimaschutzgesetz genannten Vorlage, sie ergriff sogar das Referendum dagegen. Am 18. Juni befinden wir an der Urne darüber.

Das Scheitern des CO2-Gesetzes 2021 war für die SVP ein Triumph. Denn auch damals hatte die Partei das Referendum lanciert – und dank einer angriffigen Kampagne vermochte sie die Stimmung im Land zu kehren. Das CO2-Gesetz galt zu diesem Zeitpunkt als das wichtigste Geschäft der Legislatur. Sein Scheitern brach die grüne Welle, die bei den letzten Wahlen mehr Ökologie in die eidgenössische Politik gebracht hatte.

An diesen famosen Sieg möchte die SVP offensichtlich anknüpfen. Darum kämpft die Partei heute dagegen, dass Hausbesitzer – mithin ein Teil der eigenen Anhängerschaft – günstiger zu einer Wärmepumpe oder Holzheizung kommen. Und wer erinnert sich schon daran, dass die SVP-Vertreter im Grossen Rat des Kantons Bern eine solche Massnahme im Jahr 2019 noch wärmstens begrüsst hatten?

Schwerer ins Gewicht fällt, dass die Ausgangslage heute eine andere ist als beim Kampf gegen das CO2-Gesetz. Im Juni 2021 ging es gegen die ungeliebte Umweltministerin Simonetta Sommaruga. Da durften es die Kampagnenmacher natürlich ordentlich krachen lassen («Bundesrätin Sommaruga verbreitet Fake News»). Als die SVP im letzten Herbst zum Angriff gegen das Klimaschutzgesetz blies, war die Sozialdemokratin noch im Amt. Inzwischen aber steht mit Albert Rösti der eigene Bundesrat an der Spitze der Befürworter. Etwas mehr Zurückhaltung muss man sich da wohl oder übel auferlegen.

Gewiss, ein paar markige Aussagen kriegen wir in den nächsten Wochen und Monaten trotzdem zu hören. So versandte die SVP am Freitag eine Medienmitteilung mit dem süffigen Titel: «Bundesrat Rösti erzählt das Gegenteil von Nationalrat Rösti». Alles in allem dürfte der Abstimmungskampf diesmal jedoch weit weniger hitzig geführt werden. Das kommt dem Klima im Land zugute – dem politischen ohnehin und mit einem Ja am 18. Juni dann hoffentlich auch dem meteorologischen.

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