In der Arztpraxis hing ein grosses Kreuz. Ich war sieben, mein Bruder noch zu klein, um zu verstehen. Die Mutter weinte. Der Doktor verkündete liebevoll, dass die Erbkrankheit Cystische Fibrose unsere Lungen verschleimt und wir daran sterben würden. Vielleicht schon bald.
Später erfuhren wir: Es gibt viele Namen für dieses Leiden – Mukoviszidose zum Beispiel. Auf Englisch sagt man «Cystic Fibrosis». Kanadische Kinder, die das für unerträglich halten, nennen ihre Krankheit «65 Roses». Ich las das, kurz bevor ich eine neue Lunge geschenkt bekam. Wie schön, wie poetisch!
Letzten Sonntag erwähnte der TV-Komiker Renato Kaiser ein anderes Leiden mit schwierigem Namen und machte seltsame Witze über eine junge Frau, die tapfer gegen eine totale intestinale Aganglionose kämpft. Auch ihr war gesagt worden, sie werde wohl nicht alt. Inzwischen kam auch noch Krebs dazu. Noch lebt sie. Kaisers Pointe: Die Mediziner hätten ihr die Krankheit genannt und dann gesagt: «Auswendig lernen müssen Sie das vermutlich nicht!»
Tausende Ärzte denken jeden Tag darüber nach, wie sie Eltern vermitteln sollen, dass ihre Kinder schwer krank sind. Sie tun es – danke! – vorsichtig und respektvoll.
Kaiser will in seiner Sendung «Tabu» an die Grenzen des Humors gehen. Zwar führt er mit Betroffenen erträgliche Interviews, macht mit ihnen aber auch verstörende Spässe – Service pervers.
Ich stelle mir vor: Ich sitze mit im Theatersaal. Höre dem Spassmacher zu. Stehe auf. Und laufe raus.