Das ist das Ende der «Chambre de réflexion». Mit dem Entscheid, Terroristen in Herkunftsländer auszuschaffen, in denen ihnen Folter oder gar die Todesstrafe drohen, verabschiedet sich nach dem Nationalrat auch der Ständerat von den Grundsätzen unseres Rechtsstaats.
Mit der Rückschaffung in Staaten, in denen Menschen zu Tode gefoltert werden, heissen wir die dortigen Verhältnisse gut. Und machen uns zu Helfershelfern von Unrechtsregimes.
Der Vorstoss, der zu diesem Unrechtsentscheid führte, stammt aus den Reihen der CVP. Die christliche Familienpartei hat nicht bloss den Anstoss dazu gegeben, das zwingende Völkerrecht und die Grundsätze unserer Verfassung mit Füssen zu treten. Sie hat dem Ansinnen im Stöckli auch fast geschlossen zur Mehrheit verholfen.
Alle sind gleich zu behandeln
Auch wenn man das in der CVP vehement bestreiten wird: Ein Grund dafür, dass die Christdemokraten vom Weg abgekommen sind, ist zweifelsohne, dass der Vorstoss auf Menschen muslimischen Glaubens abzielt. Dass Andersgläubige aber weniger vor Gewalt geschützt werden sollen als Christen, ist und bleibt inakzeptabel.
Und es ist ein Armutszeugnis, dass die bürgerlichen Parteien im Wahljahr einen solchen Entscheid fällen, nur weil man versucht, den Wählern zu gefallen. Denn auch die Ständeräte wissen: Kaum je wird tatsächlich ein Terrorist aus der Schweiz in den fast sicheren Tod in seiner Heimat geschickt werden.
Individuelle Lösungen suchen
Natürlich ist die Situation unbefriedigend, wenn wir verurteilte Terroristen nach Verbüssung ihrer Haft nicht in deren Heimat zurückschicken können. Aber wie viele solcher Fälle gibt es überhaupt? Es sind ganz vereinzelte.
Es ist unserem Staat daher zuzumuten, nach individuellen Lösungen zu suchen. Beispielsweise kann sich der Bund um die Zusicherung bemühen, dass den Terroristen bei der Rückschaffung weder Folter noch Todesstrafe droht. Oder es können Lösungen mit Drittstaaten gesucht werden, die bereit sind, die Terroristen aufzunehmen.
Die Wähler wissen nun, wer wie gestimmt hat
Gut, dass das Stöckli heute keine Dunkelkammer mehr ist. Die Wählerinnen und Wähler erfahren, wie ihre Kantonsvertreter in der kleinen Kammer abgestimmt haben. Im Wissen, ob ihre Vertreter zu den ganz wenigen Aufrechten in der CVP oder den etwas zahlreicheren Aufrechten in der FDP gehörten, werden sie im Herbst an der Urne über die neue Zusammensetzung des Ständerats entscheiden können.