Dass der Luzerner «Tatort» in beinahe zehn Jahren nie richtig in die Gänge kam, basierte auf einem eklatanten Missverständnis. Ein Missverständnis, das heute im letzten Fall «Der Elefant im Raum» noch einmal grell aufscheint: Das Schweizer Fernsehen verwechselte den sonntäglichen Krimiabend mit einer antiquierten, beinahe schon naiven Lektion in Sozial- und Gesellschaftskritik.
Entsprechend kamen die bestellten Drehbücher daher: Böse Mächtige – heute Abend ein korrupter Regierungsrat aus dem bürgerlichen Lager – werden zur Strecke gebracht. Der biedere, prollige Ermittler – Haute Cuisine und Tischmanieren sind ihm ein Graus – fungiert dabei als Mischung aus Anwalt und Lehrer, der die guten und schlechten Schüler lobt und bestraft. Jegliches Eigenleben geht ihm ab, er ist ein blosser, dialogschwerer Protokollführer. Und der Fall ein abgefilmtes Theaterstück.
Auch formal ist das SRF stehen geblieben, irgendwo in den 1980er-Jahren und beim abgedroschenen Whodunit-Konstrukt. Doch die profane Suche nach dem Täter und seinem Motiv allein reicht schon lange nicht mehr für einen Spannungsbogen in Spielfilmlänge. Gewagte deutsche Experimente wie die Folge «Angriff auf Wache 08» aus Wiesbaden vom letzten Sonntag sorgen immer wieder für rote Köpfe und Diskussionsstoff. Bei Reto Flückiger und seinen Fällen hingegen blieb es meistens verdächtig ruhig.
Seinen Zürcher Nachfolgerinnen, Carol Schuler und Anna Pieri, wünschen wir genau dieses: Mehr Pfeffer, mehr Kurzschluss, mehr Achterbahn und Angriff.