Kommentar zu Macrons EU-Pamphlet
Arroganz aus Paris

In seinem Pamphlet zur Erneuerung der EU fordert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auch den Umbau des Schengen-Raums, zu dem die Schweiz gehört. «Gemeinsame Grenzpolizei» und «europäische Asylbehörde» sind ein Affront.
Publiziert: 05.03.2019 um 23:24 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2022 um 11:24 Uhr
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Andreas DietrichChefredaktor Blick

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht die grosse Geste, um Grosses zu bewegen: die Rundum-Erneuerung der Europäischen Union. Sein Aufruf erschien, als wärs ein Inserat des Elysée-Palastes, gestern zeitgleich in Zeitungen in allen 28 EU-Staaten und in der Westschweizer «Le Temps».

Der Text enthält nebst dem üblichen Schwulst viel Bedenkenswertes für die «erschlaffte» EU, wie Macron die Hauptadressatin nennt. Aber auch höchst Bedenkliches für die, die nicht oder bald nicht mehr dabei sind. So putzt er die Brexit-Briten, leicht vereinfacht, als unzurechnungsfähige, nationalistische Dummköpfe ab.

Von oben herab

Den Gipfel der Arroganz leistet sich Macron gegenüber der Schweiz. Ohne unser Land explizit zu erwähnen – er macht ohnehin keinen Unterschied zwischen EU und Europa –, gibt er von oben herab den Tarif durch. Er will den Schengen-Raum, zu dem wir gehören, «neu überdenken» und propagiert eine «gemeinsame Asylpolitik mit einheitlichen Regeln», eine «gemeinsame Grenzpolizei», eine «europäische Asylbehörde». 

Da schrillen in der Schweiz die Alarmglocken, dies um einige Dezibel lauter als die Trillerpfeifen der französischen Gelbwesten. Nichts gegen koordiniertes Vorgehen und gemeinsame Strategien, das ist sinn- und wirkungsvoll.

Aber Einheitspolizei und Brüsseler Asylzentrale sind das Letzte, wozu ein unabhängiger Staat Hand bieten will. Und das Erste, was Schweizer EU-Phobiker nun aufzählen werden, wenn sie Beispiele für Arroganz und Bürgerferne ihres Feindbilds anprangern. In diesem Fall tun sie es völlig zu Recht.

Bestehendes statt Veränderung 

Und sie sind nicht allein: Auch innerhalb der EU haben viele Menschen die Nase voll vom zentralistischen, oft elitären Gehabe. Doch ihnen bietet Macron, auch wenn er anderes vorgibt, exakt die Bestätigung des Bestehenden statt die Aussicht auf Veränderung. «Erneuerung» sieht anders aus, jedenfalls aus Sicht der Bürger.

Beruhigend ist einzig, dass Macron mit seinem Appell nicht für die EU spricht. Der angeschlagene Franzose will damit eher seine Wichtigkeit herbeireden.


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