In den letzten Wochen stand Algerien in den Schlagzeilen. Die Bewohner des nordafrikanischen Staates wünschen den ewigen Staatschef Abdelaziz Bouteflika ins Pfefferland.
Aus Schweizer Sicht gibt es noch einen anderen aktuellen Grund, sich mit Algerien zu befassen. Der Historiker Kiran Klaus Patel widmet dieser Geschichte ein Kapitel in seinem unlängst publizierten Buch «Projekt Europa» über den europäischen Einigungsprozess.
Algerien war einst französische Kolonie. Mit dem Ende der brutalen Fremdherrschaft verliess Algerien auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die Vorläuferorganisation der heutigen EU.
Der eigentliche «Algeriexit» vollzog sich in erstaunlicher Minne. Auf Wunsch Algeriens behandelten die Europäer das Land zunächst weiter so, als sei es noch Teil der Gemeinschaft. Die Beziehungen wurden in der Folge allerdings nicht mehr fortentwickelt. Algerien verlor binnen weniger Jahre den Anschluss und sah sich mit immer grösseren Handelsbarrieren konfrontiert.
Mit einem ähnlichen Szenario droht die EU heute der Schweiz: Sollte es kein Rahmenabkommen geben, würden die bestehenden Verträge nicht mehr aktualisiert und allmählich auslaufen. Eines Tages wäre die Eidgenossenschaft nicht mehr kompatibel mit den Nachbarstaaten.
Selbstverständlich ist die Ausgangslage der Schweiz 2019 eine ganz andere als jene der Ex-Kolonie Algerien in den Sechzigern.Wahr ist aber auch: Damals war Algerien weltgrösster Weinexporteur. Nach Erlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1962 setzte die Regierung in Algier grosse Hoffnungen auf diesen Sektor.
Weil den Winzern der europäische Markt abhandenkam, – so beschreibt es zumindest der Historiker Patel –, verlor der Wein dort an Bedeutung. Heute wird in Algerien keiner mehr produziert.