«Moderne Zoos, Aquarien und botanische Gärten leisten einen signifikanten Beitrag zum Erhalt bedrohter Tiere, Pflanzen und Pilze.» So lautet die Kernaussage eines Statements der Welt-Naturschutzorganisation IUCN von vergangener Woche. Konkret zeigt die IUCN wichtige Handlungsfelder auf, in denen der Beitrag von Zoos aus ihrer Sicht besonders relevant ist:
- Zoos haben ein grosses Wissen in der Haltung, Zucht und dem Management bedrohter
Tierarten, die in ihren Einrichtungen gepflegt werden. - Das Wissen ist nicht nur für den Aufbau von Reservepopulationen wichtig, sondern muss
auch immer mehr in der Natur angewandt werden, da der Mensch immer häufiger eingreifen
muss. - Mit dem in Zoos gewonnenen tiermedizinischen Wissen können auch wild lebende Tiere
behandelt und neue Krankheiten eingedämmt werden. - Forschung im Bereich der Tiermedizin, Verhaltensbiologie oder Evolutionsbiologie zeigen das
enorme Potenzial, das Zoos für die oftmals noch wenig erforschten Arten und ihren Schutz
haben. - Die Schönheit, die Wichtigkeit und das Schützenswerte der Natur der Gesellschaft näherzubringen, ist eine weitere wichtige Aufgabe von Zoos. Dies sowohl an ihren Heimatstandorten
als auch in Gesellschaften, die weltweit von Zoos unterstützt werden. - Die Ausbildung staatlicher Stellen im tierischen Einsatz, von Polizei über Feuerwehr bis hin zu
Zollbeamten, wäre ohne das Fachwissen und das lebende Trainings-«Material» von Zoos oft
nicht möglich.
Es gibt viele Zoos, die diese Aufgaben erfüllen und so ihr grosses Potenzial nutzen. Diese Zoos sind häufig in Verbänden wie dem Europäischen Zooverband EAZA oder dem Weltzooverband WAZA organisiert. Die Verbände stehen mit ihren Akkreditierungsstandards und Kontrollen dafür ein, dass diese Handlungsfelder verpflichtender Teil der Zooarbeit sind.
Allerdings, und auch das ist eine weitere wichtige Aussage des Statements der IUCN: Es gibt auch Zoos, die sich nicht diesen Aufgaben verschrieben haben und ihr dahingehendes Potenzial nicht erfüllen – weltweit, aber auch in der Schweiz. Dieses Scheitern hat nichts mit der Grösse eines Betriebs zu tun. Kleinere Zoos und Tierparks wie beispielsweise der Wildnispark Zürich Langenberg, der Walter Zoo bei Gossau SG, das Papiliorama in Kerzers FR oder das Aquatis in Lausanne VD beweisen mit ihrer herausragenden Arbeit eindrücklich das Gegenteil.
Wenn Zoos ihr Potenzial nicht ausnutzen, hat dies gleich zwei Nachteile. Es besteht einerseits die Gefahr, dass die Arbeit der gesamten Zoogemeinschaft über einen Kamm geschert wird und die wichtigen Aufgaben moderner Zoos – absichtlich oder unabsichtlich – verkannt werden. Der zweite Nachteil ist fast noch gravierender. In unserer Zeit, wo die Biodiversität immer stärker unter Druck gerät, braucht es die proaktive Geisteshaltung und die Ressourcen jedes einzelnen Zoos, Aquariums und botanischen Gartens, um gemeinsam mit allen anderen Natur- und Artenschutzorganisationen ein Maximum an bedrohten Tieren, Pflanzen und Pilzen vor der Ausrottung zu bewahren. Jeder Zoo, der hier nicht sein ganzes Potenzial ausschöpft, ist einer zu viel.