Was für ein Tag!
Wer redet denn da von Zimtschnecken?

Der 21. Februar ist der Internationale Tag der Muttersprache. Der von der Unesco ausgerufene Anlass hat eine blutige Entstehungsgeschichte. Im süssen Kontrast dazu wird heute auch der Tag der Zimtschnecke gefeiert – einer besonderen Art davon.
Publiziert: 21.02.2025 um 06:30 Uhr
Foto: Illustration Blick mit Fotos Getty, Shutterstock
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Andreas DietrichChefredaktor Blick

Am Ursprung des Internationalen Tags der Muttersprache steht ein Regime, das die Waffen sprechen liess. Pakistanische Polizisten schossen am 21. Februar 1952 in Dhaka auf Demonstranten. Auslöser der Proteste war ein Erlass, der Urdu zur alleinigen Amtssprache des Landes erhob – die Muttersprache von nur drei Prozent der Bevölkerung. In Ostpakistan sprachen fast alle Bengalisch. Mit der Sprache wurde auch ihre Kultur mundtot gemacht.

Nach einem besonders abscheulichen Krieg erlangte Ostpakistan 1971 die Unabhängigkeit. Auf Ersuchen von Bangladesch, wie das Land seither heisst, rief die Unesco 1999 den 21. Februar zum Internationalen Tag der Muttersprache aus. Dieses Datum mit diesem Hintergrund macht klar: Es geht nicht um linguistische Folklore.

Die Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt soll zu mehr Toleranz und gegenseitigem Respekt beitragen, zu mehr Verständnis fürs Andersartige, das unsere Art ausmacht. Die eigene Sprache als unüberhörbarer Ausdruck von Individualität und Gemeinschaft zugleich.

Haben wir seit dem Turmbau zu Babel das grosse «Hä?!?» überwunden?

Ohne den Turmbau zu Babel müssten wir gar nicht darüber reden. Gemäss Altem Testament stoppte Gott die übermütig gewordenen Menschenkinder mit der brachialsten Baueinsprache der Geschichte: Er pulverisierte ihre Einheitssprache in unübersichtlich viele. Über die Baustelle und die Welt kam das grosse «Hä?!?».

Haben wir die babylonische Sprachverwirrung überwunden? Vielleicht. Allerdings nicht dadurch, dass von den 6000 bis 7000 Sprachen, die es noch gibt, im Schnitt alle zwei Wochen eine ausstirbt. Nicht mit der Universal-Kunstsprache Esperanto, die es immerhin zur eigenen Wikipedia-Version gebracht hat. Auch nicht mit dem Erlernen von Fremdsprachen. Mit dem Handy. 

Technologie macht jede Muttersprache zur Weltsprache. Baustelle Babylon heute: Der Schweizer Büezer ruft «Gib mer mal d Schufle» ins Smartphone, die App sagt es umgehend in der Sprache des pakistanischen Maurers oder der Bodenlegerin aus Bangladesch weiter. Wollte Gott uns stoppen, müsste er Ladekabel in Schlangen verwandeln.

Jeder Tag ist Programm

Es gibt keinen Tag im Jahr, der nicht unter einem Motto steht. An jedem Datum ist ein Themen- oder Aktionstag, der einem bestimmten Anliegen gewidmet ist. Meist sind es gleich mehrere – manche von anerkannten Organisationen ausgerufen, andere von Interessengruppen, Fans oder Spassvögeln lanciert. Alle finden sie Beachtung und werden in irgendeiner Form begangen. In dieser Rubrik knöpfen wir uns nach und nach jeden Tag vor. Sehr ernsthaft nur dann, wenn es das Thema erfordert. Jahres- und Gedenktage sind in der Regel nicht dabei, ebenfalls keine mit wechselnden Daten. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir nicht.

Es gibt keinen Tag im Jahr, der nicht unter einem Motto steht. An jedem Datum ist ein Themen- oder Aktionstag, der einem bestimmten Anliegen gewidmet ist. Meist sind es gleich mehrere – manche von anerkannten Organisationen ausgerufen, andere von Interessengruppen, Fans oder Spassvögeln lanciert. Alle finden sie Beachtung und werden in irgendeiner Form begangen. In dieser Rubrik knöpfen wir uns nach und nach jeden Tag vor. Sehr ernsthaft nur dann, wenn es das Thema erfordert. Jahres- und Gedenktage sind in der Regel nicht dabei, ebenfalls keine mit wechselnden Daten. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir nicht.

Doch noch scheitern die Tech-Dolmetscher an kulturellen Feinheiten. An der Zimtschnecke zum Beispiel. Die Amerikaner geniessen heute den Sticky-Bun-Tag, was übersetzt «klebriges Brötchen» heisst, im weitesten Sinn unseren Schnägg meint (nein, Schnegg!), der aber auch eine Caramel Roll oder Cinnamon Roll sein kann. Alles ungefähr dasselbe, doch wehe, man vergisst das Wort ungefähr.

Schweden begeht seinen Tag der Zimtschnecke erst am 4. Oktober. Es feiert sich als Mutterland des Gebäcks und seine Machart als Goldstandard. Dort heisst es Kanelbullar. Auch ein schönes Wort.

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