Schlechtes Gewissen macht euphorisch. Das mag überraschen. Doch wer kennt nicht das beflügelnde Gefühl, wenn das schlechte Gewissen zu guten Vorsätzen führt?
Weniger essen. Mehr Zeit für Familie, Freunde, sich. Nie mehr zu viel Alkohol. Nie mehr zu wenig Bewegung. Immer achtsam sein. Keine Tierli plagen. Mit Pilates beginnen. Mit Rauchen aufhören. Ich mache alles anders! Ich werde anders!! Alles wird anders!!! Allein die Vorstellung lässt einen in hoch dosierten Glückshormonen baden. Das neue Ich in Griffnähe. Man muss sich nur im Griff haben.
Aber eben. Tage, vielleicht Wochen später folgt die kalte Dusche der Wirklichkeit. Aus Erregung wird Ernüchterung, aus Selbstoptimierung Selbstanklage: Ich habe versagt. Doch geschlemmt, doch gesoffen, doch Pilates geschwänzt, wieder geraucht und mit dem Zigarettenstummel noch einen Käfer zertreten. Nun macht das schlechte Gewissen trübselig.
Hey, sich schlecht fühlen geht gemeinsam besser.
Das muss nicht sein! Denn heute ist der «Wirf-deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag». Eine frivole Ermutigung voller Menschenkenntnis. Sie ruft uns zu: Du bist nicht allein, so wie dir ergeht es vielen. Und, hey, sich schlecht fühlen geht gemeinsam besser. Es liegt nun mal in unserer Natur, dass wir uns beim Vornehmen übernehmen. Also weg mit den gut gemeinten Vorsätzen, her mit dem guten, alten Leben.
So lässt sich, ballastbefreit und kalorienbereit, auch der heutige «Internationale Tag der italienischen Küche» in vollen Zügen geniessen. Ach was, jeder Tag.
Das gilt besonders für den «Geburtstag der Kunst», dem mehr als 24 Stunden Huldigung vergönnt sein sollten. Während manche Mottotage unklaren oder zweifelhaften Ursprungs sind, ist dieser exakt bestimmbar. Der französische Künstler Robert Filliou (1926–1987) legte ihn mit selbstherrlichem Augenzwinkern auf seinen eigenen Geburtstag, den 17. Januar, und datierte ihn auf 1'000'000 Jahre vor 1963. Damals habe ein Mensch einen trockenen Schwamm in einen Kübel Wasser fallen lassen – die Geburtsstunde der Kunst. «Wer dieser Mann war, ist nicht wichtig. Er ist tot, aber die Kunst ist lebendig.»
Es gibt keinen Tag im Jahr, der nicht unter einem Motto steht. An jedem Datum ist ein Themen- oder Aktionstag, der einem bestimmten Anliegen gewidmet ist. Meist sind es gleich mehrere – manche von anerkannten Organisationen ausgerufen, andere von Interessengruppen, Fans oder Spassvögeln lanciert. Alle finden sie Beachtung und werden in irgendeiner Form begangen. In dieser Rubrik knöpfen wir uns nach und nach jeden Tag vor. Sehr ernsthaft nur dann, wenn es das Thema erfordert. Jahres- und Gedenktage sind in der Regel nicht dabei, ebenfalls keine mit wechselnden Daten. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir nicht.
Es gibt keinen Tag im Jahr, der nicht unter einem Motto steht. An jedem Datum ist ein Themen- oder Aktionstag, der einem bestimmten Anliegen gewidmet ist. Meist sind es gleich mehrere – manche von anerkannten Organisationen ausgerufen, andere von Interessengruppen, Fans oder Spassvögeln lanciert. Alle finden sie Beachtung und werden in irgendeiner Form begangen. In dieser Rubrik knöpfen wir uns nach und nach jeden Tag vor. Sehr ernsthaft nur dann, wenn es das Thema erfordert. Jahres- und Gedenktage sind in der Regel nicht dabei, ebenfalls keine mit wechselnden Daten. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir nicht.
Filliou war ein Vertreter der anti-elitären Kunstrichtung Fluxus, bei der Kunst und Leben ineinanderfliessen bzw. dasselbe sind. Seine Definition: «Kunst ist, was das Leben interessanter macht als Kunst.»
Was für ein Satz! Anregender als jeder Vorsatz. Man muss ihn nicht vollumfänglich begreifen, um zu verstehen, dass jeder Tag mit Kunst ein besserer ist als einer ohne. Ohne gehts nicht.
Gratulation übrigens an alle, die ihre Vorsätze durchhalten. Auch Durchhalten ist eine Kunst.