Über Augenkrankheiten
Ein kleiner Satz, der viel Geld sparen kann

Eine Augenkrankheit, wenige aber gleich gut wirkende Medikamente, kolossal verschiedene Preise. Wir zahlen bisher: Immer den sehr hohen Preis. Ein neuer Satz in der Verordnung könnte das ändern.
Publiziert: 14.06.2022 um 13:55 Uhr
Kämpft für die Konsumenten: M. Prix Stefan Meierhans.
Foto: keystone-sda.ch
Stefan Meierhans, Preisüberwacher

Zulassungsverfahren für Medikamente sind wichtig. Sie haben aber nicht nur einen medizinischen, sondern auch einen bürokratischen Aspekt. Letzterer kann leider auch missbraucht werden.

Ein Beispiel: Die Augenkrankheit AMD (feuchte Altersbedingte Makula-Degeneration) ist in den Industriestaaten die Hauptursache für eine Erblindung bei Menschen im Alter von über 50 Jahren. Für die Behandlung stünden theoretisch drei ähnlich wirkende Medikamente zur Verfügung: Das sind die teuren Lucentis und Eylea (beide ca. CHF 1'000 pro Injektion) und das viel günstigere Avastin (ca. CHF 50 – 100 pro Injektion). Bei Avastin und Lucentis ist Roche der Hersteller. Aber im Fall von Lucentis übernimmt Novartis die Vermarktung.

Das Problem: Für das günstige Avastin hat Roche in der Schweiz nie einen Zulassungsantrag zur Behandlung der Augenkrankheit gestellt. Zugelassen, d.h. in die Vergütungsliste der Krankenkassen aufgenommen, wurde das Medikament ausschliesslich für Krebsbehandlungen. Ohne Zulassung für ein bestimmtes Leiden ist aber keine reguläre Vergütung bei Behandlung dieses Leidens durch die Krankenkassen möglich – so will es die heutige Verordnung über die Krankenversicherung. Folglich wurde bisher immer das teure Lucentis bzw. Eylea verschrieben. Super für die Hersteller und Vermarkter, ganz schlecht für unsere Krankenkassenprämien.

De facto kann man niemanden zwingen, einen Zulassungsantrag zu stellen. Den gordischen Knoten lösen kann man aber doch: Nämlich über den Off-Label-Use. Der Off-Label-Use ist eine nicht-reguläre Anwendung (kein Zulassungsantrag!) inkl. Vergütung, vereinfacht gesagt immer dann, wenn für eine spezielle Krankheit kein wirksames Mittel auf der Vergütungsliste der Krankenkasse steht.

Mein Vorschlag war deshalb, dass für den Off-Label-Use zusätzlich das Wirtschaftlichkeitskriterium aufgenommen werden soll. Im Klartext: Medikamente sollen auch dann von der Krankenkasse vergütet werden können, wenn sie nicht nur wirksam, sondern auch günstiger sind als zugelassene Alternativen. Das würde den Gewinnmaximierungen mittels Zulassungsjonglieren immerhin einen

gewissen Riegel schieben. Das Bundesamt für Gesundheit hat dieses Wirtschaftlichkeitskriterium nun in eine Verordnungsänderung aufgenommen, die ich sehr begrüsse. Der Entwurf der Verordnungsänderung wurde gerade in die Vernehmlassung geschickt, so dass sich interessierte Kreise dazu äussern können. Nun müssen wir die Ergebnisse abwarten und hoffen, dass für einmal die Interessen der Grundversicherten und nicht diejenigen der Pharma gewinnen.

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