Gemäss Curafutura sind die Ausgaben für Medikamente (in der Grundversicherung) seit 2014 von reichlich 5 Milliarden Franken auf fast 8 Milliarden Franken 2021 gestiegen. Das ist wirklich viel – auch für die reiche Schweiz. Natürlich freuen wir uns über neue, (hoch)wirksame Medikamente. Leider gibt es aber auch eine ganze Menge neuer Medikamente, die teuer aber nicht immer besser oder wirksamer sind als die «Alten». Die Datenlage ist in manchen Fällen mehr als bescheiden, der Forderung nach hohen Preisen tut dies aber keinen Abbruch.
Geht es nach den Lobbyisten, dann ist mit Verweis auf die Kosten für die Entwicklung von neuen Medikamenten oder deren hoher Wirksamkeit jedwede Diskussion beendet. Dabei sollten wir gerade weil wir vom Fortschritt profitieren wollen, unbedingt an ein paar Schrauben drehen. Es gibt nämlich eine ganze Menge Schrauben, die uns Patientinnen und Patienten medizinisch überhaupt nicht interessieren, die aber die Preise mächtig in die Höhe treiben. Was das wäre?
Auslandspreisvergleiche sind ein wichtiges Instrument für die Preisfestsetzung in der Schweiz. Aber hier gibt es ein sehr kostspieliges Problem: Die weltweit weitverbreiteten vertraulichen Rabatte, reduzieren in vielen Ländern die offiziellen Listenpreise erheblich. Man muss davon ausgehen, dass kaum ein Land tatsächlich die Preise zahlt, die offiziell in der Liste stehen.
Leider sind aber die hohen Listenpreise die Vergleichsreferenz für unsere Preisfestsetzung. Doch anstatt mehr Transparenz anzustreben, will nun auch die Schweiz vermehrt solche undurchsichtigen Preismodelle umsetzen. Die Prämienzahler wären mit Sicherheit keine Gewinner in diesem Dunkel.
Dass Papier auch bei uns geduldig ist, beweist das gesetzlich festgeschriebene Kostengünstigkeitsprinzip: Es würde eigentlich verlangen, dass man sich bei der Preissetzung an günstigen Vergleichspreisen orientieren soll. Eigentlich...
Vehement verteidigt wird hingegen die «wer viel hat, soll viel zahlen»-Parole u.a. auch von einer Regel, die verlangt, dass verschriebene Medikamente ausschliesslich dann vergütet werden, wenn sie in der Schweiz bezogen wurden.
Bei «alten» Medikamenten zahlen wir für die gleichen Wirkstoffe deutlich mehr als das europäische Ausland. Bei den Generika ist es sogar mehr als das Doppelte.
Auch das Entschädigungssystem für die Apotheken hat seine Tücken. Apotheken bekommen einen Prozentsatz vom Grundpreis (Fabrikabgabepreis) des Medis vergütet und einen grosszügig sogenannten Packungszuschlag. Heisst: Je teurer ein Medi, desto mehr verdient die Apotheke. Das ist doch recht suboptimal für die Kostenentwicklung.
Meine kleine Aufzählung ist nur die Spitze des Eisbergs und es ist auch nicht so, dass ich Neues erzählen würde. Im Gegenteil, es gibt für fast jedes Problem vernünftige Lösungsvorschläge. Nur haben diese gegen die überaus mächtige, bestens vernetze und äusserst wehrhafte Pharma-Lobby bisher wenig Chancen.
Es ist ein bisschen wie im Fussball: 22 Spieler jagen den Ball und am Ende gewinnt immer die Pharma. Ich sage es ungern: Aber ausser in unseren Portemonnaies, bewegt sich bisher kaum etwas. Deshalb meine Frage in die Runde: Wie lange noch, wollen/können wir Jahr für Jahr mehrere Hundert Millionen Franken der Pharma-Branche quasi als Bonus spendieren à la noch haben wir’s ja?