Sie sind nicht undankbar, sondern einfach viel weiter, als Sie wahrhaben wollen. Aber beginnen wir von vorn: Allem Anschein nach haben Sie schon vor längerem festgestellt und auch zum Ausdruck gebracht, dass Ihre Bedürfnisse in dieser Beziehung nicht ausreichend befriedigt werden. Und offenbar hat Ihr Partner das getan, was Männer gern tun: warten, bis das Genörgel aufhört, und weitermachen wie bisher. Sie haben Ihrerseits das getan, was Frauen gern tun: darauf hoffen, dass die vielen kritischen Hinweise irgendwann eine kritische Masse ergeben und die gewünschte Veränderung herbeiführen.
Nun aber erkennen Sie, dass man noch so oft und so deutlich sagen kann, was man will – man bekommt es manchmal trotzdem nicht. Nicht weil Ihr Partner Sie zu wenig liebt, sondern weil er schlicht nicht über jene Eigenschaften verfügt, die Ihnen wichtig sind. Und wenn er jetzt in eine Rolle schlüpft, die den drohenden Bruch verhindern soll, ist das nicht als das Wunder zu werten, auf das Sie so lange gehofft haben, sondern eben als Schauspiel: Ihr Partner merkt, dass es fünf vor zwölf geschlagen hat – das ist der einzige Grund, warum er sein Verhalten ändert. Sonst hätte er es schon längst getan. Das ist das eine Problem: die fehlende Authentizität. Kaum wäre die Trennung vom Tisch, wäre Ihr Partner nämlich wieder ganz der Alte.
Das andere, schwerer wiegende Problem ist, dass Ihre seelische Uhr nicht auf 11.55 steht, sondern etwa auf 17 Uhr. Sie haben jahrelang Verständnis, Geborgenheit und Nähe vermisst – das macht etwas mit einem. Wie auch mit der Beziehung, die man dann eben irgendwann nicht mehr will. Und an diesem Punkt stehen Sie jetzt: Sie haben die Trennung als Möglichkeit in den Raum gestellt, aber energetisch ist sie längst Fakt. Nun braucht es den Mut zur Wahrhaftigkeit.