Manchmal fragt mich jemand: «Sagen Sie mal, Grundlagenforschung ist ja gut und recht – aber bringt sie auch was?» Ich finde, das ist eine sehr berechtigte Frage. Schliesslich wollen wir Steuerzahler ja nicht nur das Hobby anderer Leute finanzieren, sondern für unser Geld auch Resultate sehen. Zum Glück kann ich auf diese Frage jeweils mit gutem Gewissen antworten: «Ja, Grundlagenforschung bringt der Schweiz enorm viel – wobei nicht immer dort, wo wir es erwarten würden …»
Ein schönes Beispiel dafür ist das Paul Scherrer Institut (kurz PSI) in den Aargauer Gemeinden Würenlingen und Villigen, an dem physikalische Grundlagenforschung betrieben wird. Hier untersuchen beispielsweise Forscherinnen und Forscher Materialien und ihre Eigenschaften auf der Ebene der Atome. Dafür hat das PSI hochpräzise Maschinen gebaut, mit denen sie Protonen (also die Kerne von Wasserstoffatomen) beschleunigt, um sie danach für ihre Experimente zu nutzen.
Protonentherapie hilft jährlich 400 Patienten pro Jahr
Ganz überraschend hat sich dann gezeigt, dass dieselbe Protonenbeschleunigung auch für die Krebsbekämpfung eingesetzt werden kann. Diese spezielle Bestrahlungstechnik, die ursprünglich am PSI erfunden wurde, gilt heute als Goldstandard. Dank Protonentherapie kann weltweit jährlich Tausenden Menschen im Kampf gegen Krebs geholfen werden – allein in der Schweiz sind es rund 400 Kinder und Erwachsene pro Jahr.
Krebs ist eine herausfordernde Krankheit. Besonders kompliziert wird es, wenn sich die Geschwüre an Stellen bilden, an die man mit gängigen Bestrahlungsmethoden nicht herankommt. Beispielsweise im Auge, im Gehirn oder in der Nähe des Rückenmarks. Würde man hier klassisch bestrahlen, würde man auch viel gesundes Gewebe zerstören und somit massiv Schaden anrichten. Mit der hochpräzisen, am PSI entwickelten Protonen-Methode kann das gesunde Gewebe grösstenteils geschont werden. Früher musste man bei Augentumoren oft das ganze Auge entfernen, heute kann es meistens gerettet werden. Und das dank einer Methode, die schmerzlos ist, keine Operation braucht und es den Patienten ermöglicht, bald wieder in ihr normales Leben zurückzukehren.
Grundlagenforschung sind ein Innovationstreiber
Die Protonentherapie ist ein beeindruckendes Beispiel für die Wichtigkeit der Grundlagenforschung. Obwohl es bei dieser zunächst einmal «nur» darum geht, die Welt besser zu verstehen, ist sie oft der Nährboden, aus dem später Ideen und Innovationen spriessen. Aus dem Wunsch, Atome besser zu verstehen, entstehen mit der Zeit Grundlagen für neuartige Computer, neue Materialen mit spannenden Eigenschaften oder eben neue Ansätze, um Krebs zu besiegen.
Grundlagenforschung ist eine typische Aufgabe des Staates. Unternehmen können nicht jahrzehntelang warten, bis aus einer Erkenntnis ein Produkt oder eine Dienstleistung entsteht. Dass sie sich aber trotzdem lohnt, zeigen nicht zuletzt Erfolge wie die des Paul Scherrer Instituts.