Die Ironie beim beliebten Münsteraner «Tatort» ist, dass der knuffige Kommissar Thiel (Alex Prahl) und der brillante Gerichtsmediziner Boerne (Jan Josef Liefers) im wahren Leben eigentlich von vertauschten Rollen ausgehen: Allen Grund, mit seiner Brillanz zu prahlen, hätte, nun ja, Prahl: Er hat vor dem Schauspielstudium Mathematik studiert, Liefers «nur» Schauspielkunst.
In die Vergangenheit gehts auch in dieser Folge, und zwar untersucht «Lakritz», weshalb Boerne zum brillanten Ekelpaket geworden ist, das wir alle lieben und hassen. Ein Mord am Münsteraner Wochenmarkt-Meister deutet auf einen Lakritzstandbetreiber hin.
Eintauchen in die Vergangenheit – und in den Lakritzkessel
Im Zuge der Recherchen taucht Boerne tief in seine Kindheit ein – und in flüssige Lakritzmasse: Boernes grosse, unerwiderte Jugendliebe war die Tochter eines Münsteraner Süssigkeiten-Traditionsgeschäfts. Er sollte ihr Mathe-Nachhilfe geben, sie hängt aber lieber mit einem Motorrad-Badboy rum und besäuft sich. Bis ihre Mutter am Balken im Dachboden hängt – und der Bad Boy Boernes Kopf in die Lakritzmasse drückt, weil er darauf besteht, dass da kein Suizid, sondern ein Mord geschehen sein müsse.
Flashbacks zum Jugendtrauma sowie dessen Aufarbeitung und Überwindung führen dazu, dass der genial-anstrengende Gerichtsmediziner gleich zwei Mordfälle löst. Und das ist, bei allen umgekehrten Realleben-Rollen der beiden Hauptdarsteller, richtig gut und präzise gespielt – im Übrigen auch vom Nachwuchsschauspieler Vincent Hahnen, der den verschupften, dicklichen, jugendlichen Boerne gibt.
Tatort: Lakritz, SRF1, 20.05
Wertung: 4 von 5