In den 1940er-Jahren griffen Pistolenkrebse in die Weltgeschichte ein. Diese besonderen Garnelen, die vor allem in tropischen Meeren vorkommen, haben nämlich eine herausragende Eigenschaft.
Der Grund, warum sie Knall- oder Pistolenkrebse genannt werden, ist ihre rechte Schere. Damit können sie einen scharfen Ton erzeugen, der bis zu 200 Dezibel laut ist. Zum Vergleich: Ein Kampfjet erreicht 140 Dezibel. Knallkrebs-Kolonien haben einen derartigen Lärm erzeugt, dass sie im Zweiten Weltkrieg Militärs dabei behindert haben, feindliche U-Boote zu orten.
Knallkrebse sind nicht eine Krebsart, sondern eine Gruppe, die zahlreiche Arten umfasst – manche leben sogar im Süsswasser. Im Tierreich sind sie Spitzenreiter: Kein anderes Lebewesen ist in der Lage, einen derart lauten Ton zu erzeugen.
Knallig, blitzend und superheiss
Wie schaffen die Krebse das? Jahrelang ging man davon aus, dass das Geräusch entsteht, wenn der bewegliche Teil der Klaue auf sein feststehendes Gegenstück trifft – ähnlich wie bei Kastagnetten. Inzwischen weiss man es genauer: Die Garnelen stossen mit ihrer oft stark vergrösserten Schere einen Wasserstrahl aus, der eine dampfgefüllte Blase bildet, die Kavitationsblase. Diese implodiert und erzeugt dabei neben einem lauten Knall auch einen Lichtblitz und örtliche Temperaturen von mehr als 4700 Grad Celsius. Steckt man einen Knallkrebs in ein Glasgefäss, kann er dieses zerbersten lassen.
Um dem Knall auf die Spur zu kommen, nahmen Forschende Garnelen mit Ultra-Hochgeschwindigkeitskameras auf, die 40'000 Bilder pro Sekunde produzieren. So fanden sie heraus, dass die Knallkrebse eine Art Zahn in der Schere tragen, mit dem sie blitzschnell in ein dazugehöriges Loch stossen, was einen starken Wasserstrahl erzeugt. Mit ihrer «Pistole» vermögen Knallkrebse kleine Fische oder andere Beutetiere zu betäuben.
Erstaunlicherweise gehen Forschende davon aus, dass die Krebse ihren Knall gar nicht hören, da sie gar kein Hörorgan aufweisen. Möglicherweise liegt der Sinn des Mechanismus bloss darin, einen Wasserstrahl zu produzieren. Rivalen bekämpfen sich, indem sie den Wasserstrahl gegeneinander richten. Der Knall, der dabei entsteht, ist offenbar ein evolutionär ziemlich sinnloser Knalleffekt.
Simon Jäggi (41) ist Sänger der Rockband Kummerbuben und arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern.